Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
aa) Rechtliche Einordnung
Rn. 212
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das Rechtsinstitut des EK-ersetzenden Gesellschafterdarlehens wurde ursprünglich durch die Rspr. des BGH aus den §§ 30f. GmbHG (a. F.) entwickelt (vgl. zur Rechtsentwicklung Gehrlein, BB 2011, S. 3ff.; zur Anwendbarkeit der Rspr.-Regeln auf eine AG BGH, Urteil vom 26.03.1984, II ZR 171/83, BGHZ 90, S. 381ff.; Schmidt, AG 1984, S. 12ff.). Mit der GmbH-Novelle von 1980 hat der Gesetzgeber die Rspr.-Grundsätze in den §§ 32af. GmbHG (a. F.) modifiziert und ergänzt. Als EK-ersetzend galten danach insbesondere Darlehen, die ein Gesellschafter in einem Zeitpunkt gewährt hat, in dem ihr die "Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten" (§ 32a Abs. 1 Satz 1 GmbHG (a. F.)). Die an dieses Tatbestandsmerkmal anknüpfende Rechtsfolge bestand in einer Beschränkung des Darlehensrückgewährsanspruchs: Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft konnte der Gesellschafter diesen nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen.
Rn. 213
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das am 01.11.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 2026ff.) hat die Regelungen über Gesellschafterdarlehen auf eine neue Basis gestellt (vgl. Hirte, WM 2008, S. 1429ff.). Mit der Aufhebung der §§ 32af. GmbHG wurde die Unterscheidung von EK-ersetzenden und nicht EK-ersetzenden Darlehen aufgegeben. § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG stellt dabei klar: Die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens darf nicht (mehr) mit dem Hinweis auf eine sinngemäße Anwendung der Regeln über die Erhaltung des Stammkap. verweigert werden. Gesellschafterdarlehen sind damit unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft den Darlehensforderungen anderer Gläubiger gleichgestellt.
Rn. 214
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Mit dieser Maßnahme ist das von der Rspr. entwickelte und in der praktischen Anwendung überaus komplexe Kap.-Ersatzrecht beseitigt worden. An seine Stelle ist eine rechtsformübergreifende Regelung getreten, die der Gesetzgeber – systematisch zutreffend – in der InsO verankert hat. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO gelten nunmehr Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz generell als nachrangig, es sei denn, eine staatliche Förderbank oder eines ihrer TU hat einem UN, an dem die staatliche Förderbank oder eines ihrer TU beteiligt ist, ein Darlehen gewährt oder eine andere einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorgenommen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 2 InsO; privilegiert sind wie schon nach altem Recht Darlehen von Kleingesellschaftern sowie Darlehen von Gesellschaftern, die Gesellschaftsanteile zur Überwindung der Krise erwerben; vgl. § 39 Abs. 4f. InsO; dazu Schwenker/Fischer, FR 2010, S. 643 (646f.)). Zudem unterliegen die Darlehen den flankierenden insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, die zu einer Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen innerhalb des letzten Jahrs oder einer Gewährung von Sicherheiten innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben. Entsprechendes ist für Forderungen angeordnet, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung gleich kommen. Die Regelung gilt über die GmbH hinaus für alle Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter fungiert (vgl. Gehrlein, BB 2011, S. 3 (5)).
bb) Behandlung im Jahresabschluss
Rn. 215
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wie zuvor bereits dargelegt (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 212ff.), gelten für Gesellschafterdarlehen keinerlei Besonderheiten mehr, weil das auf Analogie zu den §§ 30f. GmbHG basierende EK-Ersatzrecht derweil zugunsten einer Nachrang- und Anfechtungslösung im Insolvenzverfahren (vgl. §§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 135 InsO) ersetzt wurde (vgl. Baumbach/Hopt (2024), § 266 HGB, Rn. 21). Schon nach altem Recht hatte sich die h. M. herausgebildet, dass EK-ersetzende Darlehen den Fremdverbindlichkeiten zuzuordnen waren (vgl. HdJ, Abt. III/2 (2008), Rn. 194, m. w. N.). Nach der Neuregelung des EK-Ersatzrechts im Zuge des MoMiG bestehen erst recht keine Zweifel an diesem Ergebnis mehr. Ebenfalls kann über den Sonderausweis nach § 42 Abs. 3 GmbHG hinaus keine Verpflichtung zu einer ausdrücklichen Kennzeichnung bestehen (vgl. auch Beck-HdR, B 231 (2011), Rn. 15f.; a. A. Beck-HdR, B 234 (2022), Rn. 7; Beck Bil-Komm. (2022), § 266 HGB, Rn. 257).
Rn. 216
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
vorläufig frei