Prof. Dr. Norbert Herzig, Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 26
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB ist nach wie vor tragendes Fundament der steuerlichen Gewinnermittlung. Er ist de lege lata in der (Haupt-)Ausprägung materieller Maßgeblichkeit in § 5 Abs. 1 EStG sowie der (Sonder-)Ausprägung konkreter Maßgeblichkeit für Bewertungseinheiten in § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG wie folgt kodifiziert:
"Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden. In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen."
"Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich."
Rn. 27
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
In der Ausprägung materieller Maßgeblichkeit (vgl. § 5 Abs. 1 EStG) hat der Maßgeblichkeitsgrundsatz Bestand. Die formelle Maßgeblichkeit (Erfordernis unveränderter Übernahme eines in der HB gewählten steuerrechtlich zulässigen Werts in die StB) wurde in der wesentlichen Ausprägung der umgekehrten Maßgeblichkeit (Zulässigkeit steuerlicher Wahlrechtsausübung nur, wenn in der HB in gleicher Weise verfahren wird) dagegen im Zuge des BilMoG aufgegeben. Fragmente formeller Maßgeblichkeit haben in der speziellen Ausprägung konkreter Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Ergebnisse aus Bewertungseinheiten (vgl. § 5 Abs. 1a EStG) sowie gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG für HK-Wahlrechte weiterhin explizit Bestand. Darüber hinaus halten Finanzverwaltung und Rspr. konkret für die Rückstellungsbewertung an einer formellen Höchstwertmaßgeblichkeit fest (vgl. HdR-E, Kap. 3, Rn. 19). Die materielle Maßgeblichkeit wird wesentlich durch den steuerlichen Wahlrechtsvorbehalt in § 5 Abs. 1 Satz 1 (2. Halbsatz) EStG und darüber hinaus in erheblichem Maße dadurch eingeschränkt, dass das Steuerrecht den Unterschieden in den Zielsetzungen von HB und StB respektive fiskalischen Interessen durch ausdrückliche steuerrechtliche Gesetzesvorbehalte, wie die des § 5 Abs. 2ff. EStG, insbesondere den allg. Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG sowie besondere Grundsätze steuerrechtlicher Gewinnermittlung Rechnung trägt.
Rn. 28–30
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
vorläufig frei