Dr. Matthias Heiden, Dr. Christian F. Bosse
Rn. 15
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Ergänzend soll hier die Fragestellung betrachtet werden, ob eine AG als zur Konzern-RL verpflichtetes MU eine eigenständige Konzernbuchführung einzurichten hat, m.a.W., ob der Umfang der erforderlichen Handelsbücher verpflichtend um eine Konzernbuchführung zu erweitern ist.
Nach Ruhnke umfasst die Konzernbuchführung alle "Vorkehrungen, die für eine sachgerechte Erfüllung ihrer Funktionen notwendig sind. Dazu zählen sowohl die organisatorischen Regelungen zur Durchführung einer Konzernbuchführung als auch die technische Durchführung selbst. Demnach bezieht sich eine Konzernbuchführung nicht nur auf die Erfassung und Dokumentation der Geschäftsvorfälle, sondern auch auf das hierfür erforderliche organisatorische Umfeld" (Ruhnke (1995), S. 17). Als Bestandteil der UN-Rechnung kann die Konzernbuchführung als eine kombinierte Informations- und Entscheidungsrechnung charakterisiert werden (vgl. Ruhnke (1995), S. 18). Sie erleichtert die sachgerechte Abbildung eines Konzerns in erfolgszielorientierten UN-Rechnungen, da (auch für den JA) benötigte Informationen – etwa im Bereich der Kostenrechnung – aus der einzelgesellschaftlichen Buchführung keine geeignete Ausgangsbasis für konzernspezifische Problemstellungen darstellen (vgl. Küting/Lorson, BBK 1997, S. 6067 (6068)).
Rn. 16
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Aus dem Handelsrecht lässt sich eine Verpflichtung zur Erstellung des KA unter Rückgriff auf eine eigenständige Konzernbuchführung nicht ableiten (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021b), S. 75). In § 298 Abs. 1 werden die §§ 238 bis 241 nicht genannt. Das fehlende gesetzliche Erfordernis einer originären Konzernbuchführung führt im Umkehrschluss jedoch nicht zu einer Verneinung ihrer theoretischen Zulässigkeit (vgl. Pelka (1994), S. 52) oder gar ihrer betriebswirtschaftlichen Relevanz. Der KA kann die an ihn gestellten Forderungen nur erfüllen, wenn die Generalnorm für die Buchführung und die sie konkretisierenden Dokumentationsgrundsätze beachtet werden. So sind sie in den zu konsolidierenden (inländischen) JA zu beachten. Auch ausländische Konzern-UN haben die Dokumentationsgrundsätze in ihrer Buchführung bei der Erstellung der HB II zu beachten (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2021b), S. 76). Vor dem Hintergrund der jährlich wiederkehrenden umfassenden Konsolidierungsbuchungen und konzernabschlussspezifischer Posten wird ein "Konzern kaum ohne eine zusätzliche Konzernnebenbuchführung auskommen" (Baetge/Kirsch/Thiele (2021b), S. 75). Soll der KA den in der Generalnorm eingeforderten Einblick in die wirtschaftliche Lage gewähren, so sind Dokumentationsgrundsätze auch i. R.d. gesetzlich nicht verpflichtenden Konzernnebenbuchführung anzuwenden.
Wendet man sich konkreter der Problematik der auch bei der KA-Erstellung zu beachtenden Bilanzidentität zu, so ist festzustellen, dass die Fortführung des KA in der UN-Praxis nur selten durch eine originäre Konzernbuchführung erfolgt (vgl. Pelka (1991), S. 301). Im Falle einer originären Konzernbuchführung wird der KA ganz i. S. d. Einheitsgrundsatzes (vgl. speziell dazu Dusemond/Küting/Wirth (2018), S. 132ff., m. w. N.) zum JA des Konzerns, für den (reale) konzerninterne Vorgänge auf JA-Ebene bedeutungslos wären (vgl. auch Pelka (1994), S. 32f.; weiterführend zu den Konsequenzen für die Funktionen von JA und KA Ruhnke (1995), S. 107f.). Ausgehend von der Konzerneröffnungsbilanz sind dann Konzerngeschäftsvorfälle und Abschlussbuchungen ohne Berücksichtigung der JA vorzunehmen. Dieser Zusatzaufwand wird i. d. R. i. R.d. derivativen Konzernbuchführung durch eine alljährliche Neuerstellung des KA auf Basis der zu konsolidierenden JA bei gleichzeitiger Wiederholung der Buchungen zeitlich vorgelagerter Konsolidierungen kompensiert (vgl. Ruhnke (1995), S. 5ff.; Baetge/Kirsch/Thiele (2021b), S. 75f.). Die vorzunehmenden Anpassungs- und Wiederholungsbuchungen können jedoch in Abhängigkeit von Anzahl und Sitz der Konzern-UN einen Umfang annehmen, der die Einrichtung einer Konzernbuchführung empfehlenswert erscheinen lässt (vgl. WP-HB (2023), Rn. G 290).
Rn. 17
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Die originäre Konzernbuchführung kann in zeitlicher Hinsicht ebenso wie die handelsrechtliche Buchführungspflicht auf einzelgesellschaftlicher Ebene als dauerhaft zeitpunktbezogen charakterisiert werden, wohingegen die derivative Konzernbuchführung sowohl zeitpunktbezogene (z. B. Konzern-JA-Erstellung) als auch zeitraumbezogene Elemente integriert, wenn zusätzlich die Verpflichtung zur Erstellung von Konzernzwischenabschlüssen besteht und somit die Korrekturbuchungen auf Konzernebene auch unterjährig regelmäßig vorzunehmen sind (vgl. Ruhnke (1995), S. 15).
Rn. 18
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Auf das Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen Konzernobergesellschaft und Tochter-UN finden grds. die nachstehend näher erläuterten Regelungen zur Delegation der technischen Buchführungsverantwortung Anwendung (vgl. ADS (2023), § 238, Rn. 105; zur organisatorischen Umsetzung einer Konzernbuchführung auch ...