I. Aufgaben der Prüfung
Rn. 4
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Prüfungspflicht nach § 171 Abs. 1 AktG ist Teil der gesetzlichen Überwachungspflicht und obliegt dem gesamten AR. Sie kann gemäß § 107 Abs. 3 Satz 7 AktG weder an einzelne (sachverständige) AR-Mitglieder noch an einen Ausschuss zur alleinigen Beschlussfassung delegiert werden. Zulässig ist aber die Vorbereitung der eigenen Prüfung durch einen besonderen Ausschuss (Prüfungsausschuss) oder sachverständige Dritte (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 8f., 13ff., m. w. N., zum Bilanzausschuss; AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 17; KK-AktG (2012), § 171, Rn. 8). § 107 Abs. 3 Satz 2f. AktG enthält besondere Vorschriften zur fakultativen Einrichtung eines Prüfungsausschusses. Ungeachtet der Arbeit des Ausschusses hat jedes AR-Mitglied ein eigenes Prüfungsrecht sowie die persönliche Prüfungspflicht (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 9; AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 17). Mangelnder Sachverstand oder ungenügende Erfahrung kann ein AR-Mitglied nicht von der Prüfungsteilnahme entbinden; vielmehr muss das Mitglied diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen, die zur Bearbeitung und Beurteilung der normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge notwendig sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1982, II ZR 27/82, NJW 1983, S. 991f.).
Rn. 5
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Gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG ist der AR berechtigt, für bestimmte Einzelfragen besondere Sachverständige mit der Einsicht und Prüfung der Unterlagen zu beauftragen. Häufig bietet sich hier der mit den Verhältnissen der Gesellschaft vertraute und vom AR nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG bereits mit der Prüfung beauftragte AP an. Sollten neben dem AP weitere Sachverständige für eine bestimmte Aufgabe (z. B. RA oder WP) herangezogen werden, so bedarf dies regelmäßig eines Beschlusses des Gesamt-AR (vgl. hierzu ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 32ff.; BeckOGK-AktG (2023), § 171, Rn. 36; KK-AktG (2012), § 171, Rn. 9, 11, jeweils m. w. N.). Auch die Beauftragung bzw. Bildung von Prüfungsschwerpunkten durch den AR i. R.d. von ihm beauftragten AP gehört zu den üblichen Vorgehensweisen in der Zusammenarbeit von AR und AP (vgl. dazu Hüffer-AktG (2023), § 111, Rn. 47). Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch ein einzelnes AR-Mitglied aufgrund seiner Unkenntnis in einem bestimmten Bereich ist i. R.d. Prüfung mangels entsprechender Kompetenz generell nicht möglich (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1982, II ZR 27/82, NJW 1983, S. 991f.; AKEIÜ, ZCG 2011, S. 225 (227ff.)).
II. Gegenstand der Prüfung
Rn. 6
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Gegenstand der Prüfung durch den AR sind die entsprechenden Vorlagen des Vorstands zur UN-Berichterstattung nach § 170 Abs. 1f. AktG. Demzufolge hat der AR den JA, den Lagebericht und den Gewinnverwendungsvorschlag zu prüfen (vgl. § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG). Sollte die AG, KGaA oder SE ein MU i. S. d. § 290 sein, so erstreckt sich die Prüfungspflicht nach der Ergänzung des § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG durch Art. 1 Nr. 25 lit. a) aa) KonTraG auch auf den KA (vgl. § 297) und Konzernlagebericht (vgl. § 315ff.). Jene Ausweitung war aufgrund der zunehmenden Bedeutung des KA sowohl für die Überwachungsaufgaben des AR als die Beurteilung der gesamten VFE-Lage nur folgerichtig (vgl. BT-Drs. 13/9712, S. 22; Hüffer-AktG (2023), § 171, Rn. 2f.; Forster, AG 1999, S. 193 (198); zweifelnd bei KA, die nicht nach deutschen Bilanzregeln aufgestellt werden: Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, S. 249 (252); im Übrigen sei auf HdR-E AktG § 171, Rn. 43, verwiesen). Der AR hat auch ggf. einen Abhängigkeitsbericht gemäß § 314 Abs. 2 AktG zu prüfen. Selbiges gilt mit Blick auf den gesonderten nichtfinanziellen Bericht (vgl. § 289b), den gesonderten nichtfinanziellen Konzernbericht (vgl. § 315b), den Ertragsteuerinformationsbericht (vgl. §§ 342b, 342c, 342d Abs. 2 Nr. 2) sowie die Erklärung nach § 342d Abs. 2 Nr. 1, sofern sie denn erstellt wurden.
Rn. 7
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Ergänzend berechtigt das Einsichts- und Prüfungsrecht des § 111 AktG den AR zu einer uneingeschränkten Prüfung, die sich auf sämtliche Unterlagen, insbesondere die gesamte Buchführung und Aktiva des UN, aber auch auf die Untersuchung der Geschäftsführung und die Zweckmäßigkeit der Bilanzierung erstrecken darf (vgl. ADS (1997), § 171 AktG, Rn. 17; AktG-GroßKomm. (2018), § 171, Rn. 34f.; Velte, NZG 2010, S. 930 (932)).
Rn. 8
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Die Tatsache, dass der AR keine Befugnis zur Änderung oder Ergänzung des JA sowie der weiteren vorzulegenden Unterlagen hat, macht die Prüfungstätigkeit zu einer reinen Kontrollaufgabe. Ist der AR mit der Vorlage des Vorstands nicht einverstanden, so kann der Vorstand auf Anregung des AR eine Änderung im Hinblick auf die durch einen AP zu prüfenden Unterlagen nur vornehmen, wenn eine entsprechende Nachtragsprüfung durch den AP durchgeführt wird (vgl. § 316 Abs. 3). Wird zwischen dem Vorstand und dem AR keine Einigung über den JA erzielt, so hat gemäß § 173 Abs. 1 AktG die HV den JA festzustellen (vgl. HdR-E, AktG § 173, Rn. 1ff.).
III. Umfang der Prüfung
Rn. 9
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