Prof. Dr. Norbert Herzig, Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 91
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Während handelsrechtliche Bilanzierungsge- und -verbote über den Maßgeblichkeitsgrundsatz grds. Eingang in das Steuerrecht finden, bleibt handelsrechtlichen Bilanzierungswahlrechten gemäß BFH (vgl. Beschluß vom 03.02.1969, GrS 2/68, BStBl. II 1969, S. 291) und der diesem seither folgenden BFH-Rspr. (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 20.03.1980, IV R 89/79, BStBl. II 1980, S. 297; BFH, Urteil vom 12.12.1991, IV R 28/91, BStBl. II 1992, S. 602; BFH, Beschluss vom 31.01.2013, GrS 1/10, BStBl. II 2013, S. 317) die steuerrechtliche Anerkennung grds. versagt. Da es dem Sinn und Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung entspricht, den "vollen Gewinn" zu erfassen und überdies Bilanzierungswahlrechte im Steuerrecht nur bedingt in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Art. 3 GG) zu bringen sind, "kann es nicht im Belieben des Kaufmanns stehen, sich durch Nichtaktivierung von Wirtschaftsgütern, die handelsrechtlich aktiviert werden dürfen, oder durch den Ansatz eines Passivpostens, der handelsrechtlich nicht geboten ist, ärmer zu machen, als er ist" (BFH, Beschluß vom 03.02.1969, BStBl. II 1969, S. 291). Demgemäß führen handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte steuerrechtlich grds. zu Aktivierungsgeboten und handelsrechtliche Passivierungswahlrechte zu steuerrechtlichen Passivierungsverboten, sofern dem handelsrechtlichen Wahlrecht keine eigenständige steuerliche Regelung gegenübersteht. Diese Rspr. hat der BFH für die Bewertung fortgeführt: Handelsrechtliche Bewertungswahlrechte auf der Aktivseite führen steuerlich zum höchstmöglichen Ansatz, handelsrechtliche Bewertungswahlrechte auf der Passivseite zum niedrigstmöglichen steuerlichen Ansatz (vgl. BFH, Urteil vom 21.10.1993, IV R 87/92, BStBl. II 1994, S. 178; Döllerer, BB 1969, S. 1445 (1448); Mayer (2005), S. 175; Schmidt: EStG (2022), § 5, Rn. 33). Die rspr.-seitigen Ansatzvorbehalte und -verbote gelten nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenso wie Bewertungsvorbehalte auch nach BilMoG fort (vgl. BMF, Schreiben vom 12.03.2010, IV C 6 – S 2133/09/10001, BStBl. I 2010, S. 239ff. (Rn. 3f.); Weber-Grellet, DB 2010, S. 2298 (2301); H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 258, 501), wenngleich mit nur noch minimalem Anwendungsbereich.
Rn. 92–94
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
vorläufig frei