I. Ziel des Kodex
Rn. 3
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ziel dieser gesetzestechnisch wie rechtspolitisch neuen Art von "Gesetzgebung" ist zum einen, das deutsche CG-System unter Darstellung der bestehenden Rechtslage zusammenzufassen und als "Verständigungspapier" gerade gegenüber ausländischen Anlegern vorzustellen (vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 21; Schüppen, DB 2002, S. 1117f.; Seibt, AG 2002, S. 249 (250)). Zum anderen enthält der Kodex Verhaltensempfehlungen und Anregungen, die Selbstverpflichtung für Vorstände und AR sowie Standards guter UN-Kontrolle (best practice) sein sollen (vgl. etwa die Übersicht bei Schüppen, DB 2002, S. 1117 (1118f.)).
Rn. 4
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Kodex bietet die Chance der Flexibilisierung und Deregulierung aufbauend auf einer Regierungskommission, ein Instrumentarium, welches bei der Entstehung von Gesetzen – hier von Regelungen unterhalb des Charakters von Gesetzen – stark an Bedeutung gewonnen hat. Soweit der Kodex nicht nur die gesetzliche Regelung – in möglicherweise verständlicheren Worten – wiedergibt, enthält er unverbindliche Empfehlungen, so dass in geeigneterer Form als durch den Verhaltensbefehl des Gesetzes auf die gesellschaftsrechtliche Praxis eingewirkt werden kann. Gesetzliche Lösungen in diesem Bereich werden vom Gesetzgeber als zu rigide bezeichnet; den UN soll in Fällen, in denen sie es für sinnvoll oder geboten erachten, die Möglichkeit der Abweichung vom Kodex belassen werden (vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 21). Gleichzeitig wird aber bewusst – durch die Informationsverpflichtung hinsichtlich des Entsprechens – ein Druck auf die UN aufgebaut, um so eine Konformität mit dem Kodex zu erreichen. Den Kap.-Marktteilnehmern soll die Information an die Hand gegeben werden, ob sich das UN, das den Kap.-Markt in Anspruch nimmt, an die Verhaltensstandards des Kodex hält oder in welchem Umfang es sich nicht daran hält. Nicht selten wurden Kodex-Regelungen zu einem späteren Zeitpunkt in Gesetzesform gegossen (z. B. Offenlegung von Vergütungen).
II. Inhalt des Kodex
Rn. 5
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Kodex enthält Grundsätze, Empfehlungen sowie Anregungen für den Vorstand und AR, die dazu beitragen sollen, die Gesellschaft im UN-Interesse zu führen. I.d.S. sollen die Grundsätze wesentliche rechtliche Vorgaben verantwortungsvoller UN-Führung wiedergeben und Anlegern sowie weiteren Stakeholdern grundlegende Informationen geben. Durch die Verwendung des Wortes "soll" werden national bzw. international anerkannte Verhaltensstandards empfohlen. Die UN können hiervon abweichen, sind dann aber verpflichtet, dies jährlich offenzulegen und die Abweichungen zu begründen ("comply or explain"). Als schwächste Stufe enthält der Kodex Anregungen für eine gute UN-Führung, die mit "sollte" formuliert sind. Da der Kodex ganz überwiegend das Wort "soll" (i. S. v. Empfehlung), selten(er) das Wort "sollte" (i. S. v. Anregung) verwendet, ist hier von einer eher stärkeren Bindungswirkung auszugehen.
Rn. 6
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ausgehend von seiner Präambel, ist der Kodex inhaltlich in die folgenden Abschn. aufgeteilt:
A. |
Leitung und Überwachung; |
B. |
Besetzung des Vorstands; |
C. |
Zusammensetzung des AR; |
D. |
Arbeitsweise des AR; |
E. |
Interessenkonflikte; |
F. |
Transparenz und externe Berichterstattung; |
G. |
Vergütung von Vorstand und AR. |
Die jeweils aktuelle Fassung kann unter: www.dcgk.de abgerufen werden (derzeit i. d. F. vom 28.04.2022). Verstanden als international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller UN-Führung und -Überwachung, lässt sich CG damit als Kontrolle und Machtverteilung auf Gesellschaftsebene unter Berücksichtigung der am UN-Geschehen beteiligten Gruppen beschreiben (vgl. ähnlich Hüffer-AktG (2024), § 161, Rn. 2). So wird denn auch in der Präambel vom Kodex unter CG der "rechtliche und faktische Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens" verstanden (vgl. bereits AKEIÜ, DB 2020, S. 1577ff., sowie zur Zukunft des Kodex AKEIÜ, DB 2016, S. 395ff.).
Rn. 7
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der DCGK richtet sich in erster Linie an börsennotierte AG, KGaA und SE sowie solche Gesellschaften mit Kap.-Marktzugang i. S. d. § 161 Abs. 1 Satz 2 AktG (vgl. Präambel zum DCGK). Die Ausstrahlungswirkung auf andere UN und Rechtsformen ist nahe liegend und so wie bereits beim Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.) ebenso wie TransPuG generell angelegt, wohl auch gewollt (vgl. zur Ausstrahlungswirkung AKEIÜ, DB 2016, S. 1118ff.). Die Diskussion über einen CG-Kodex für UN der öffentlichen Hand, sog. Non-Profit-UN sowie Familien-UN verdeutlicht diese Ausstrahlungswirkung (vgl. May/Koeberle-Schmid, DB 2011, S. 485ff.). An dem dualen Führungssystem (two-tier system), das in Kontinentaleuropa weit verbreitet ist, wird im Kodex festgehalten, die Unterschiede zum international verbreiteten, aber z. T. auch kritisch gesehenen (monistischen) System der Führung durch ein einheitliches Leitungsorgan (one-tier system) werden in der aktuellen Fassung ni...