Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 67
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Soweit der Grundsatz der Einzelbewertung Gültigkeit besitzt, sind auch von diesem Bewertungsgrundsatz nach § 252 Abs. 2 nur in begründeten Fällen Ausnahmen zulässig. Ausnahmen erstrecken sich auf Fälle, in denen die "individuelle Ermittlung des Wertes oder der Risiken eines einzelnen Bewertungsobjektes unmöglich oder nur mit einem unvertretbaren Zeit- und Kostenaufwand möglich ist" (ADS (1995), § 252, Rn. 57; vgl. auch BFH, Urteil vom 17.02.1998, VIII R 28/95, BStBl. II 1998, S. 505 (508), sowie BFH, Urteil vom 15.10.1997, I R 16/97, BStBl. II 1998, S. 249 (251), ebenfalls die Unzumutbarkeit als Ausschlussgrund nennend). Wenn die Wirkung des Einzelbewertungsgrundsatzes bei der in Rede stehenden Ausnahme auf die VFE-Lage unwesentlich ist, dürfte zudem der europarechtlich festgelegte Wesentlichkeitsgrundsatz als Begründung greifen (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. j) der Bilanz-R).
Rn. 68
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Abgesehen von seltenen Einzelfällen, in denen unter obiger Begründung ausnahmsweise eine Nichtanwendung des Grundsatzes der Einzelbewertung zulässig ist, werden in dem Zusammenhang auch immer wieder generell geltende Bilanzierungsregeln als Ausnahmen i. S. d. § 252 Abs. 2 genannt. Dies betrifft insbesondere die Bewertung von Garantierückstellungen, Gängigkeitsabschreibungen bei Vorratsmaterial und Pauschalwertberichtigungen zum Ausgleich des allg. Kreditrisikos (vgl. z. B. ADS (1995), § 252, Rn. 57, ebenso wie Beck Bil-Komm. (2020), § 252 HGB, Rn. 26 hinsichtlich der Garantierückstellungen).
Rn. 69
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Bei solchen Bewertungen handelt es sich wohl offensichtlich weniger um Ausnahmefälle; sie stellen vielmehr die Regel dar. Auch muss es sich hierbei nicht zwingend um eine Abkehr vom Grundsatz der Einzelbewertung handeln, wenn z. B. Gängigkeitsabschläge bei einzelnen VG des Vorratsvermögens vorgenommen werden und nur die Abschlagshöhe pauschal ermittelt wird. Sollte eine Abkehr vom Grundsatz der Einzelbewertung tatsächlich vorliegen, greift in diesen Fällen wohl eher der Vorrang einer (wenn auch nicht kodifizierten) Spezialregel. Im Ergebnis ist hierzu bereits betont worden, dass diese Differenzierung bilanzpraktisch ohne Bedeutung bleibt, da sie in jedem Fall die Abkehr vom Grundsatz der Einzelbewertung zur Konsequenz hat. Eines Bezugs auf § 252 Abs. 2 bedarf es dann allerdings nicht.