Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 207
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Neben dem Problem des engen Zusammenhangs zwischen Kostenträgerstückrechnung und dem Begriff der EK ergibt sich eine weitere Schwierigkeit aufgrund der Relativität der EK. Die Abgrenzung der Kostenarten, die als EK anzusehen sind, hängt wesentlich von dem gewählten Bezugsobjekt ab. Dies wird besonders deutlich, wenn man die kostenrechnerischen Überlegungen von Riebel betrachtet. Danach sind EK in Abhängigkeit von unternehmerischen Entscheidungen zu definieren und erhalten eine andere Dimension, je nachdem auf welcher UN-Ebene die Entscheidung angesiedelt ist; Riebel ((1994), S. 409ff.) spricht daher von relativen EK. Eine ähnliche Problematik tritt bei der Maschinenstundensatzrechnung sowie bei der hieran verrechnungstechnisch angelehnten Prozesskostenrechnung zutage (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 385). Je nach Ausgestaltungsform (vgl. Küting/Lorson, krp-Sonderheft 2/1993, S. 29ff.) ist nicht auszuschließen, dass die "Prozeßkostenrechnung aufgrund ihres weit ausgelegten Verursachungsbegriffs zu einem anderen Einzelkostenbegriff gelangen kann, als er gesetzlich vorgesehen ist" (Lorson (1993), S. 356). Grds. gilt: "Wird ein anderes Kostenrechnungsverfahren [als die Zuschlagskalkulation, d.Verf.] praktiziert, so muss die gesetzliche Formulierung uminterpretiert werden" (HdJ, Abt. I/10 (2012), Rn. 118).
Rn. 208
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Für bilanzielle Zwecke ist in Abhängigkeit vom Einzelbewertungsgrundsatz die einzelne zu bewertende Leistungseinheit als Kostenträger zu definieren (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 163ff.). So eindeutig diese Aussage auch ist, für die praktische Tätigkeit beinhaltet sie wesentliche Probleme. Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, dass in einem UN möglicherweise eine bestimmte Leistungseinheit in unterschiedlichen Ausprägungen angeboten wird. So findet man möglicherweise in einer Brauerei letztlich lediglich das Produkt "Bier". Bei der Abgrenzung der Leistungseinheit ergibt sich jedoch die Frage, ob als Kostenträger ein Liter Bier, eine Flasche Bier, eine Dose Bier oder ein Fass Bier in einer bestimmten Größe zu verwenden ist. Für bilanzielle Zwecke dürfte davon auszugehen sein, dass die sog. Leistungseinheiten immer dann als einzelne Kostenträger zu verwenden sind, wenn diese unterschiedlichen Ausprägungen des gefertigten Produkts marktgängig angeboten werden. Die Konsequenz hieraus ist, dass Kostenarten, die EK einer definierten Leistungseinheit darstellen, für eine andere Leistungseinheit als GK zu klassifizieren sind. Klarstellend ist im Zusammenhang mit dem Bierbeispiel darauf hinzuweisen, dass die Leistungseinheiten ein "Kasten Bier" oder eine "Palette Bierkästen" bereits die Einzelbewertungsgrenze insoweit überschreiten, als die Verkaufsreife bereits nach der Abfüllung in Flaschen erreicht wurde. Insoweit ist hierbei eine Parallele zum Cellophanhüllen-Urteil zu ziehen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 173).