Prof. Dr. Hartmut Bieg, Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rn. 117
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Mit der Absicht, die "Rechtsanwendung zu erleichtern" (Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, abgedruckt bei: Ernst/Naumann (2009), S. 214), wurden die – um eine rein ökonomische Betrachtungsweise erweiterten – "konzerntypischen Rechte" (Busse von Colbe, ZfbF 1985, S. 761 (764); vgl. gleichlautend auch Busse von Colbe/Chmielewicz, DBW 1986, S. 289 (328)) des § 290 Abs. 2 lediglich redaktionell angepasst, inhaltlich indes unverändert übernommen. Auch weiterhin ist daher stets unwiderlegbar (vgl. auch DRS 19.18; offenkundig mit a. A. HB-BilMoG (2010), Kap. 3/1/1, S. 661 (665f.); von Keitz/Ewelt, IRZ 2010, S. 447 (454)) von einem Mutter-Tochter-Verhältnis auszugehen, sofern ein MU
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ggf. kraft einer mit anderen Anteilseignern abgeschlossenen Vereinbarung über mehr als die Hälfte der Stimmrechte verfügen kann ((Nr. 1): Während i. S. d. AktG die Stimmrechtsmehrheit nur über die widerlegbaren Vermutungen der §§ 17 Abs. 2 (Abhängigkeitsvermutung) und 18 Abs. 1 Satz 3 (Konzernvermutung) zum Konzerntatbestand führt, qualifiziert sich die Stimmrechtsmehrheit i. d. S. ohne Weiteres und insoweit unmittelbar als ein Mutter-Tochter-Verhältnis. Wie die Stimmrechtsmehrheit im Einzelnen zu ermitteln ist, wird in § 290 Abs. 3f. geregelt); |
(2) |
die Möglichkeit besitzt, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Kontrollorgans des TU zu bestellen oder abzuberufen (Nr. 2), oder |
(3) |
gemäß einer statutarischen oder anderen vertraglichen Vereinbarung die Finanz- und Geschäftspolitik eines TU bestimmen kann (Nr. 3). |
Rn. 118
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Im Gegensatz zu IFRS 10 (bzw. IAS 27.13 (a. F.)) führen diese drei – der die abstrakt gehaltene Definition des § 290 Abs. 1 operationalisierenden – Tatbestände jener Vermutungskaskade stets zu einem Konzernverhältnis. Eine Widerlegung der Beherrschungsvermutung kommt selbst dann nicht Betracht, wenn die bestehende (formelle), rechtlich indes nicht abgesicherte (materielle) Stimmrechtsmehrheit infolge spezieller Umstände im konkret vorliegenden Fall keine Beherrschung begründet. Sähe man es mit Schruff (DK 2009, S. 511 (513)) als "[e]ntscheidendes gesetzgeberisches Motiv einer unwiderlegbaren Vermutung [an, d.Verf.], dass das Vermutungsergebnis auch dann gewollt ist, wenn die Vermutung im Einzelfall einmal nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht", so kann eine Einbeziehung – wie auch bisher – nur dann unterbleiben, sofern einer der in der unverändert gebliebenen (Korrektiv-)Vorschrift des § 296 verankerten Tatbestände als erfüllt anzusehen ist.