Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 261
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die in der Bilanz nach Maßgabe des § 266 Abs. 3 auszuweisende Abschlusskategorie "A. Eigenkapital" ist nicht identisch mit dem gesamten bilanziellen (wirtschaftlichen bzw. bilanzanalytischen) EK eines UN. Dieses ist vielmehr in einer gesonderten Rechnung zu ermitteln. Dabei sind zum einen Korrekturposten gegen den passivischen Abschlussposten "EK" aufzurechnen. Darüber hinaus muss zum anderen auch der EK-Anteil anderer Bilanzposten (sog. Mischposten) berücksichtigt werden.
Die Ermittlung des bilanzanalytischen EK kann nach folgendem Schema erfolgen:
Übersicht: Rechnerische Ermittlung des bilanzanalytischen EK (vgl. Küting/Weber (2015), S. 99f.)
Rn. 262
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
(1) |
Bei Baukostenzuschüssen handelt es sich um spezifische Posten insbesondere der Energieversorgungs-UN. "Sie werden für die Bilanzanalyse in der Regel zu zwei Dritteln dem Eigenkapital und zu einem Drittel dem langfristigen Fremdkapital zugeordnet" (Bering, ZfB 1975, S. 25 (37)). |
Rn. 263
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
(2) |
Soweit ein Ausschüttungsbetrag (Dividende) beschlossen wurde, ist dieser als "Verbindlichkeit gegenüber den Aktionären" (KOM "Rechnungswesen" im VHB, DBW 1980, S. 589 (593)) und damit nicht als EK, sondern als FK anzusehen. Der Bilanzposten "EK" enthält somit auch Elemente, die faktisch eindeutig FK-Charakter aufweisen. |
Rn. 264
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(3) |
Wurden in der Bilanz die Posten
- "Aktive latente Steuern",
- "GoF",
- "Disagio"
erfasst, so sind diese i. R.e. vorsichtigen Bilanzanalyse gegen das EK aufzurechnen, weil es sich hierbei faktisch lediglich um Bilanzierungshilfen und nicht um echte VG bzw. beim GoF gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4 um einen den VG zwar gesetzlich gleichgestellten Posten, bilanzanalytisch traditionell jedoch unsicheren und – aus Vorsichtsgesichtspunkten – kritischen Wert handelt. |
Rn. 265
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(4) |
In der Bilanz nicht ausgewiesene Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen (vgl. Art. 28 EGHGB; HdR-E, HGB § 249, Rn. 600ff.; indes auch Art. 67 Abs. 1 EGHGB) kürzen das EK, weil sie echte Schulden des UN darstellen. Das EK wird also unter der Fiktion ermittelt, dass für alle Pensionsverpflichtungen Rückstellungen gebildet worden seien, wobei evtl. zu berücksichtigende steuerliche Auswirkungen vernachlässigt werden. |
Rn. 266
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Bei der Frage, welche Aussagefähigkeit das extern ermittelte wirtschaftliche bzw. bilanzanalytische EK hat, sind u. a. nachfolgende Sachverhalte zu berücksichtigen:
Rn. 267
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(1) |
Zum effektiven EK des UN gehören auch die stillen Reserven. Der veröffentlichte JA gibt jedoch i.W. nur einen Einblick in die offenen Rücklagen. Durch die Bildung stiller Rücklagen "ist in vielen Bilanzen ein erheblicher Teil des Eigenkapitals unsichtbar" (Leffson (1984), S. 58). Dem Versuch, das Ausmaß der stillen Reserven unter Rückgriff auf die Informationen des Anhangs zu bestimmen, sind erhebliche Grenzen gesetzt. Denn einer betragsmäßigen Analyse sind allenfalls die Dispositionsreserven zugänglich, die durch die Ausübung von (gesetzlichen oder faktischen) Ansatz- und Bewertungswahlrechten entstehen. Ob es gelingt, ihre Höhe annähernd genau zu erfassen, hängt aber entscheidend davon ab, inwieweit über die Ausnutzung bilanzpolitischer Spielräume berichtet wird. Im Übrigen muss sich der externe Analyst überwiegend mit mehr oder weniger vagen Vermutungen über das Ausmaß der stillen Reserven begnügen, die lediglich tendenzielle Aussagen zur tatsächlichen EK-Ausstattung der Gesellschaft erlauben (vgl. im Einzelnen Küting/Weber (2015), S. 226ff.). Erschwerend kommt bei der Analyse des effektiven EK hinzu, dass stille Reserven meist einen nicht exakt quantifizierbaren Steuer- und damit FK-Anteil enthalten. |
Rn. 268
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(2) |
Wenn i. R.d. EK-Ermittlung die Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten UN in voller Höhe gegen das EK aufgerechnet werden, dann sind die Anteile an herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten UN als reiner Korrekturposten betrachtet worden. Tatsächlich jedoch können solche Anteile aber auch echte VG verkörpern, sofern sie etwa der Ausgabe von Belegschaftsaktien (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG), der Abfindung außenstehender Aktionäre (vgl. § 305 Abs. 2 AktG) oder aber der Durchführung einer Eingliederung (vgl. § 320 Abs. 2 AktG) dienen (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 47). |
Rn. 269
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
(3) |
Die Stichtagsbezogenheit der HB erlaubt es, durch gezielte BS-verkürzende bzw. -erhöhende Maßnahmen den relativen EK-Anteil zu steuern. Bspw. kann durch gezielte bilanzpolitische Maßnahmen im Bereich des kurzfristigen Netto-Geldvermögens der relative EK-Anteil beeinflusst werden, sofern am BilSt aus optischen Gründen hohe flüssige Mittel gehalten und sie sofort nach dem BilSt zum Ausgleich von Verbindlichkeiten verwendet werden. Verzerrungen der Relation von EK und FK ergeben sich weiterhin durch die Bildung und Auflösung stiller Reserven so... |