Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Dirk Fey
Rn. 9
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Aufwendungen für die Beschaffung des EK dürfen nach § 248 Abs. 1 Nr. 2 nicht aktiviert werden. Hierunter fallen Aufwendungen für die Beratung im Zusammenhang mit Kap.-Erhöhungen, Prospekt- und Emissionskosten, Gutachterkosten sowie Notariats- und Gerichtsgebühren (vgl. BeckOGK-HGB (2021), § 248, Rn. 46; Bonner HGB-Komm. (2016), § 248, Rn. 21). Steuerlich gilt das Ansatzverbot des § 248 Abs. 1 Nr. 2 für EK-Beschaffungsaufwendungen aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes analog. Die Vorschrift des § 248 Abs. 1 Nr. 2 wurde gegenüber § 153 Abs. 4 Satz 1 AktG 1965 im Wortlaut geändert. In § 153 Abs. 4 AktG 1965 wurden alle Aufwendungen für die Kap.-Beschaffung mit Verweis auf die §§ 182ff. AktG mit einem Aktivierungsverbot belegt, während nach dem Wortlaut gemäß derzeitigem Recht lediglich die Aufwendungen für die Beschaffung des EK nicht aktiviert werden dürfen (vgl. zum EK-Begriff i. S. d. § 248 Abs. 1 Nr. 2 ADS (1998), § 248, Rn. 9). In den §§ 182ff. AktG werden neben den unterschiedlichen Formen der Kap.-Erhöhung auch die Beschaffung von FK durch Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen (vgl. § 221 AktG) geregelt. Unter den Begriff der Kap.-Beschaffung war im AktG 1965 demgemäß auch die Beschaffung von FK zu subsumieren. Der in § 248 Abs. 1 Nr. 2 "geringfügig modifizierte Wortlaut" (BT-Drs. 10/317, S. 80), der nur noch die Aktivierung der EK-, aber nicht mehr der FK-Beschaffungskosten verbietet, soll laut RegB jedoch "keine inhaltliche Änderung" zur Folge haben. Danach wäre weiterhin eine Aktivierung von FK-Beschaffungskosten verboten.
Rn. 10
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die reine Wortlautinterpretation des § 248 Abs. 1 Nr. 2 einerseits (Aktivierungsverbot nur für EK-Beschaffungskosten) und die ausschließliche Orientierung am Willen des historischen Gesetzgebers andererseits (Aktivierungsverbot für EK- und FK-Beschaffungskosten) führen also zu einem Auslegungswiderspruch, der anhand eines übergeordneten Grundsatzes aufgelöst werden muss. Hierbei ist die Grundregel zu beachten, dass eine Auslegung gegen den Wortlaut nur in äußerst seltenen und wohlbegründeten Ausnahmefällen in Frage kommt.
Rn. 11
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Folgt man dem Wortlaut des § 248 Abs. 1 Nr. 2 streng, dann sind die Aufwendungen der (reinen) FK-Beschaffung nicht mehr mit einem expliziten gesetzlichen Aktivierungsverbot belegt (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 248 HGB, Rn. 4). Zu den FK-Beschaffungskosten gehören z. B. Kap.-Vermittlungsgebühren sowie Druckkosten für Anleiheurkunden. Der übergeordnete Aktivierungsgrundsatz verlangt indes von aktivierungsfähigen VG, dass sie eine selbständige Verwertbarkeit aufweisen (vgl. HdR-E, Kap. 4, Rn. 96; HdR-E, HGB § 246, Rn. 6ff.). Dieses Kriterium ist bei FK-Beschaffungskosten nicht erfüllt, so dass eine Aktivierung unabhängig vom Wortlaut des § 248 Abs. 1 Nr. 2 nicht in Frage kommt. Solange der Aktivierungsgrundsatz bei FK-Beschaffungskosten nicht erfüllt werden kann, ist eine Aktivierung solcher Kosten unzulässig. Es zeigt sich also, dass die Wortlautänderung von § 248 Abs. 1 Nr. 2 tatsächlich "keine inhaltliche Änderung" mit sich gebracht hat. Es spricht somit nichts gegen eine strenge Wortlautinterpretation von § 248 Abs. 1 Nr. 2.
Rn. 12
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die strenge Wortlautinterpretation hat zudem den Vorzug, dass den FK-Beschaffungskosten ähnliche Kosten, wie das Verbindlichkeitsdisagio und FK-Zinsen, die sich in manchen Fällen schwierig von den FK-Beschaffungskosten abgrenzen lassen, nicht vom Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 1 Nr. 2 erfasst werden. Somit tritt kein Auslegungskonflikt mit den §§ 250 Abs. 3 sowie 255 Abs. 3 auf, die für diese Posten eine konkrete Aktivierung verlangen bzw. zulassen (vgl. so auch Beck Bil-Komm. (2022), § 248 HGB, Rn. 4; Bonner HGB-Komm. (2016), § 248, Rn. 18).