Dipl.-Kfm. Thomas Scholz, Dipl.-Kfm. Frederik Hegmanns
I. Organisierter Markt
Rn. 3
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ein organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG ist ein im "Inland [Herv. d. d. Verf.], in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nicht diskretionären Bestimmungen [Herv. d. d. Verf.] in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt."
Die Voraussetzungen eines organisierten Markts erfüllt in Deutschland der regulierte Markt gemäß der §§ 32ff. BörsG, der seit den Änderungen durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16.07.2007 (BGBl. I 2007, S. 1330ff.) an die Stelle der früheren Marktsegmente "Amtlicher Markt" und "Geregelter Markt" getreten ist (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 264d, Rn. 4). Als organisierte Märkte gelten nach der im Zuge des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) vom 23.06.2017 (BGBl. I 2017, S. 1693ff.) vollzogenen Änderung des § 2 Abs. 11 WpHG in Deutschland vornehmlich die durch nicht diskretionäre (vormals: festgelegte) Bedingungen – d. h. "ohne, dass den Parteien dabei ein Entscheidungsspielraum verbleibt, ob sie im Einzelfall das Geschäft mit einem bestimmten Vertragspartner eingehen wollen" (BT-Drs. 16/4028, S. 56f.; BeckOGK-HGB (2023), § 264d, Rn. 17) – regulierten Märkte an den Regionalbörsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (General Standard, Prime Standard), Hamburg, Hannover, München, Stuttgart und die Terminbörse EUREX. Kein organisierter Markt ist hingegen der privatrechtlich organisierte Freiverkehr. Hierunter fallen auch der "Entry Standard" der FWB sowie das Marktsegment M:access der Börse München (vgl. auch NWB HGB-Komm. (2023), § 264d, Rn. 3).
Rn. 4
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Unter den Begriff der organisierten Märkte fallen auch die im Ausland gelegenen regulierten Märkte i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG bzw. Art. 4 Nr. 55 lit. b) der R 2014/65/EU (ABl. EU, L 173/349ff. vom 12.06.2014). Ein Verzeichnis aller geregelten Märkte i. S. d. R 2014/65/EU veröffentlicht die EU-KOM jährlich im ABl. der EU. Ein aktuelles Verzeichnis ist auch im Internet bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) abrufbar (vgl. https://tinyurl.com/3jha2hj8). Nimmt ein UN den Kap.-Markt außerhalb des EU-/EWR-Raums in Anspruch (bspw. die US-Börse New York Stock Exchange (NYSE)), so liegt keine Kap.-Marktorientierung i. S. d. § 264d vor (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 264d HGB, Rn. 5).
II. Wertpapierbegriff
Rn. 5
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wertpapiere i. S. v. § 2 Abs. 1 WpHG „sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere
- Aktien,
- andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
Schuldtitel,
a) |
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten, |
b) |
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25.04.2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.03.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung”. |
Infolge der Wertpapierdefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG (a. F.) i. d. F. des Finanzmarktrichtlinie-UG (vgl. BeckOGK-HGB (2022), § 264d, Rn. 7) kann damit seither nicht nur z. B. die Ausgabe von EK- (speziell Aktien), sondern auch die Ausgabe von FK-Titeln (z. B. Schuldverschreibungen) oder Genuss- und Optionsscheinen zur Einstufung einer KapG als kap.-marktorientiert i. S. v. § 264d führen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 264d, Rn. 5; BeckOGK-HGB (2022), § 264d, Rn. 12; EBJS (2020), § 264d HGB, Rn. 6).
Rn. 6
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Gemäß dem durch das Gesetz zur Umsetzung der R 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz) vom 04.07.2013 (BGBl. I 2013, S. 1981ff.) aufgehobenen § 2 Abs. 1 Satz 2 WpHG (a. F.) galten auch "Anteile an Investmentvermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer aus...