Dipl.-Kfm. Frederik Hegmanns, Dipl.-Kfm. Thomas Scholz
I. Pflicht zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz
Rn. 4
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die Pflicht, eine Eröffnungsbilanz zu Beginn eines Handelsgewerbes aufzustellen, gilt zunächst für die Neugründung eines kaufmännischen UN. Darüber hinaus ist eine Eröffnungsbilanz z. B. auch aufzustellen bei Übernahme eines bestehenden Handelsgewerbes unter Lebenden bzw. von Todes wegen oder für den Fall, dass durch den Eintritt eines Gesellschafters in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eine OHG oder KG neu entsteht (vgl. ADS (1998), § 242, Rn. 22; MünchKomm. HGB (2020), § 242, Rn. 13f.). Ferner ist die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz bei einer sog. Umgründung (Überführung eines UN von einer Rechtsform in eine andere im Wege der Formalliquidation mit anschließender Neugründung und Einzelrechtsnachfolge) zwingend.
Rn. 4a
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Ebenso hat der mittels einer Verschmelzung durch Neugründung (vgl. § 2 Nr. 2 UmwG) entstandene neue Rechtsträger eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, da die Neugründung den Beginn eines Handelsgewerbes i. S. d. § 242 Abs. 1 Satz 1 darstellt (vgl. Staub: HGB (2021), § 242, Rn. 26f.). Die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz ist zudem auch in allen anderen Umwandlungsfällen erforderlich, die zum Entstehen eines neuen Rechtsträgers führen (z. B. Spaltung zur Neugründung; vgl. § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG).
Rn. 4b
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Der bei einem Formwechsel in eine KapG (vgl. § 245 Abs. 1 bis 3 i. V. m. § 220 UmwG) erforderliche Kap.-Nachweis ist nicht durch einen JA, sondern entweder durch eine (ertragswertorientierte) UN-Bewertung oder durch Aufstellung eines gesonderten Vermögensstatus, in dem die VG und Schulden der formwechselnden Gesellschaft zu Zeitwerten gegenüber zu stellen sind, zu erbringen (vgl. IDW RS HFA 41 (2012), Rn. 16, 20; IDW (2021), Rn. F 181). Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus der mit dem Formwechsel verbundenen Rechtsträgeridentität, aufgrund dessen ein Verweis auf die §§ 17 Abs. 2, 24 UmwG in den Vorschriften zum Formwechsel (vgl. §§ 190ff. UmwG) fehlt. Aus eben diesem Grund ist auch die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz einer KapG zum Zeitpunkt des Formwechsels nicht geboten (vgl. Staub: HGB (2021), § 242, Rn. 27; IDW (2021), Rn. F 211). Auf die Pflicht, zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Formwechsels, sei es in eine PersG oder eine KapG, eine steuerliche Eröffnungsbilanz aufstellen zu müssen, wird verwiesen (vgl. §§ 14, 25 UmwStG).
Rn. 4c
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die Aufstellung einer handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz ist weiterhin nicht erforderlich, wenn Gesellschafter in eine weiterbestehende Gesellschaft ein- oder aus dieser austreten (vgl. ebenso Beck Bil-Komm. (2022), § 242 HGB, Rn. 4).
II. Entsprechende Anwendung der für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften
Rn. 5
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die Eröffnungsbilanz gibt eine Übersicht über die Vermögens- und Schuldposten zum Gründungszeitpunkt. Sie ist Ausgangspunkt für die nachfolgend aufzustellenden ordentlichen Jahresbilanzen. Gemäß § 242 Abs. 1 Satz 2 finden daher die für den JA geltenden Vorschriften für die Eröffnungsbilanz entsprechend Anwendung. Für alle Kaufleute sind mithin bereits für die Eröffnungsbilanz die allg. Vorschriften (vgl. §§ 243 bis 245: Aufstellungsgrundsatz, Aufstellung in deutscher Sprache und in Euro, Unterzeichnungspflicht) ebenso zu beachten wie die Ansatz- und Bewertungsvorschriften der §§ 246 bis 256a, die vornehmlich für die Behandlung von Sacheinlagen von Bedeutung sind. KapG und PersG i. S. d. § 264a müssen darüber hinaus die ergänzenden Vorschriften des Zweiten Abschn. (vgl. §§ 264ff.) befolgen, insbesondere sind die entsprechenden Gliederungsvorschriften (vgl. § 266) auf die Eröffnungsbilanz anzuwenden. Dagegen besteht für die Eröffnungsbilanz weder eine Prüfungs- noch eine Offenlegungspflicht.
III. Maßgebender Stichtag und Aufstellungsfrist
Rn. 6
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die Eröffnungsbilanz ist zu Beginn des Handelsgewerbes aufzustellen. Diese Formulierung bedeutet nicht, dass die Eröffnungsbilanz an dem maßgeblichen Stichtag aufzustellen ist; gemeint ist vielmehr der Stichtag, zu dem die Bilanzaufstellung erfolgen muss. Für die Bestimmung der Aufstellungsfrist sind gemäß § 242 Abs. 1 Satz 2 die auf den JA bezogenen Vorschriften heranzuziehen. Für KapG gilt somit die in § 264 Abs. 1 bestimmte Frist. Demnach müssen große und mittelgroße KapG ebenso wie ihnen qua § 264a gleichgestellte PersG die Eröffnungsbilanz innerhalb von drei Monaten aufstellen. Kleinen und Kleinst-KapG (respektive PersG i. S. d. § 264a) wird eine Frist von max. sechs Monaten zugestanden, sofern dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht (vgl. Staub: HGB (2021), § 242, Rn. 31).
Rn. 6a
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Für Einzelkaufleute ebenso wie PersG ist kein konkreter Zeitrahmen kodifiziert; von ihnen ist die Eröffnungsbilanz gemäß § 243 Abs. 3 ebenso wie der JA innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 243, Rn. 85ff.).
Rn. 6b
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Fraglich indessen ist, ob die einem "ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechende Zeit für die Eröffnungsbilanz eine ganz andere ist als für ...