Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 76
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der AP des EA des MU i. d. R. auch den KA prüft. Der AP des EA gilt als zum KA-Prüfer gewählt, wenn keine weitere Wahl auf der HV einer AG bzw. KGaA bzw. durch den zur Wahl eines AP berechtigten Personenkreis einer GmbH vorgenommen wird (Wahl kraft Fiktion gem. § 318 Abs. 2 Satz 1). Für eine Prüfung des KA durch den AP des MU spricht, dass er die Verhältnisse des MU und häufig auch der wichtigsten Konzern-UN am ehesten kennt (vgl. Barz 1975, § 336 AktG, Rn. 7).
Rn. 77
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Vor einem Wahlvorschlag, der auf eine gesonderte Wahl eines KA-Prüfers verzichtet, haben sich die Vorschlagenden, d. h. der AR bzw. die betreffenden Gesellschafter, davon zu überzeugen, dass der Prüfer auch die KA-Prüfung ordnungsgemäß durchführen kann. Sie haben hierzu insbes. die personelle und sachliche Ausstattung des Prüfers zu berücksichtigen. Der Prüfer muss über den Umfang der einzubeziehenden Abschlüsse, insbes. der Abschlüsse ausländischer TU, informiert werden, damit er beurteilen kann, ob seine personelle und sachliche Ausstattung dem Prüfungsauftrag gerecht wird und ob er die Kenntnisse besitzt, die zur Durchführung dieser speziellen KA-Prüfung erforderlich sind. Die ›automatische‹ Bestellung des EA-Prüfers zum KA-Prüfer entbindet die im UN für die Bestellung des AP zuständigen Gremien somit nicht von ihrer Pflicht, die Eignung des vorgesehenen AP für die anstehende KA-Prüfung zu beurteilen.
Rn. 78
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Ein KA-Prüfer ist gem. § 318 Abs. 2 auch dann bestellt, wenn die gesetzl. Vertreter bzw. die Gesellschafter des MU versehentlich annehmen, dass ein KA weder aufzustellen, noch zu prüfen ist. Der EA-Prüfer hat alle Rechte eines KA-Prüfers und muss beurteilen, ob ggf. ein KA aufzustellen und zu prüfen ist. Ferner kann auch lediglich der KA, nicht aber der EA des MU prüfungspflichtig sein, weil Letzterer die relevanten Größenkriterien nicht überschreitet. Eine automatische Bestellung des EA-Prüfers zum KA-Prüfer greift in diesem Fall nicht, da die freiwillige Prüfung des EA anderen rechtlichen Regeln unterliegt als die Pflichtprüfung des KA (vgl. Mattheus 2002, § 318, Rn. 103). Bspw. ist zu beachten, dass in diesem Fall der KA-Prüfer als Pflichtprüfer den Ausschlussgründen der §§ 319 Abs. 2 bis Abs. 5, 319a und 319b unterliegt, die bei freiwilligen EA-Prüfungen nicht gelten. Hinzu kommt, dass die gerichtlichen Verfahren zur Ersetzung bzw. Bestellung des Prüfers gem. § 318 Abs. 3 und 4 nur für den KA-Prüfer einschlägig sind, während bei freiwilligen Prüfungen die Gesellschaft den Prüfungsauftrag widerrufen kann, sofern mit dem AP nicht im Prüfungsvertrag etwas anderes vereinbart ist (vgl. ADS 1995, § 318, Rn. 167).
Rn. 79
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Die Wahl des KA-Prüfers kann bei GmbH und bei PersG ebenso wie die Wahl des EA-Prüfers im Gesellschaftsvertrag abweichend von der gesetzl. Regelung geregelt sein (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 2). Dabei kann die Zusammensetzung des den KA-Prüfer wählenden Personenkreises von der für den EA relevanten Regelung abweichen. In diesem Fall geht die gesellschaftsvertragliche Regelung, die die Kompetenz zur Wahl der verschiedenen AP bewusst unterschiedlich regelt, der gesetzl. Fiktion der Bestellung des EA-Prüfers zum KA-Prüfer vor. Dies bedeutet, dass § 318 Abs. 2 in diesem Fall nicht greift und der EA-Prüfer auch dann, wenn kein KA-Prüfer bestellt wird, nicht automatisch zum KA-Prüfer wird. Dasselbe gilt, wenn gesellschaftsvertraglich festgelegt ist, dass EA und KA von unterschiedlichen AP zu prüfen sind und nur ein EA-Prüfer bestellt wird (vgl. Zimmer 2002, § 318, Rn. 40).
Rn. 80
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Für den Fall, dass der Abschluss des MU als Zwischenabschluss in den KA einbezogen wird, sieht § 318 Abs. 2 Satz 2 vor, dass, soweit kein anderslautender Beschluss vorliegt, jener Prüfer zum KA-Prüfer und damit auch zum Prüfer des Zwischenabschlusses als bestellt gilt, ›der für die Prüfung des letzten vor dem Konzernabschlussstichtag aufgestellten Jahresabschlusses des Mutterunternehmens bestellt worden ist.‹ Diese Regelung ist seit dem In-Kraft-Treten des TransPuG gegenstandslos, da gem. § 299 Abs. 1 der KA stets auf den Abschlussstichtag des MU aufgestellt werden muss.