Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
I. Grundlagen
1. Anwendungsbereich und Abgrenzungsfragen
Rn. 125
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die HK werden häufig gleichzeitig mit den AK genannt. Während bei der Zugangsbewertung die AK zum Tragen kommen, sofern VG von außen erworben wurden, finden die HK immer dann Anwendung, wenn es um die Bewertung (Bepreisung) von VG geht, die von dem bilanzierenden UN selbst hergestellt wurden. Die HK sind daher das Pendant zu bzw. ein "Substitut für die Anschaffungskosten, wenn die Gegenstände nicht fremdbezogen, sondern selbst erstellt wurden" (Baetge/Uhlig, WiSt 1985, S. 274 (275)).
Rn. 126
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 255 Abs. 2 sind HK die "Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen."
Ebenso wie die AK stellen die HK lediglich den Ausgangswert für die Bewertung des betreffenden VG dar. Mit welchem Wert der jeweilige VG letztlich anzusetzen ist, ergibt sich – wie bereits unter HdR-E, HGB § 255, Rn. 4, dargelegt – prinzipiell aus § 253.
Rn. 127
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das "Gesetz enthält zwar eine als erheblich exakter und vielfach [...] den Begriffsinhalt der Herstellungskosten umfassend und abschließend regelnd" (Egger, in: FS Moxter (1994), S. 195 (199)) bezeichnete Definition der HK; jedoch wird damit nicht konkret vorgegeben, mit welchen HK der Bilanzierende letztlich die VG anzusetzen hat. Ursächlich dafür ist die Tatsache, dass auch weiterhin aus einer Bandbreite von Werten gewählt kann, weil lediglich Teile der Kosten (EK und bestimmte GK) als Pflichtbestandteile zwingend zu aktivieren sind, während für andere Kostenbestandteile (weitere GK) explizite Einbeziehungswahlrechte existieren. Wenngleich sich der Gesetzgeber in der Begründung zum BilMoG an den der Kostenrechnung entstammenden Begriffen der variablen und fixen Kosten orientiert (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 59f.), wurde die bisherige Terminologie im Gesetzestext beibehalten. Mit Hilfe des verwendeten Begriffspaars "EK" und "GK", an das sich auch die folgenden Ausführungen anlehnen werden, sollte im Handels- und Steuerrecht die gleiche Terminologie Anwendung finden. Zudem soll die "Differenzierung nach Einzel- und Gemeinkosten praxisgerechter als die kostentheoretisch ausgerichtete Differenzierung von fixen und variablen Kosten" (Baetge/Hense, DStZ 1987, S. 378 (387)) sein.
Rn. 128
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die HK i. S. v. § 255 Abs. 2 sind nicht identisch mit dem Begriff der HK der zur Erzielung der UE erbrachten Leistungen i. R.d. UKV (vgl. HdR-E, HGB § 275, Rn. 131ff.). Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass als HK des UKV die sog. Vollkosten anzusetzen sind, während bei der HK-Ermittlung nach § 255 Abs. 2 bestimmte Kostenkategorien lediglich aktivierungsfähig, nicht aber aktivierungspflichtig sind.
Rn. 129
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die HK i. S. v. § 255 Abs. 2 sind auch nicht identisch mit den sog. Herstellkosten. Herstellkosten sind ein Begriff der Kostenrechnung und bezeichnen eine Zwischensumme im allg. kostenrechnerischen Kalkulationsschema (vgl. Kilger (1992), S. 267ff.).
Der allg. übliche Begriff "fortgeführte HK" bezeichnet den Sachverhalt, dass auf den Wert der ursprünglichen (historischen) HK AfA oder Zuschreibungen vorgenommen worden sind.
Als sog. "Jahr der Herstellung" – wie die Formulierung häufig im Steuerrecht gewählt wird – ist vom Jahr der Fertigstellung des WG auszugehen (vgl. z. B. § 9a EStDV).
2. Arten und Gegenstand des Herstellungsvorgangs
Rn. 130
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das Gesetz führt in § 255 Abs. 2 Satz 1 erschöpfend drei Herstellungsvorgänge auf und zeigt damit gleichzeitig die Tatbestände auf, die eine Ermittlung der HK erforderlich machen können:
Der Hauptanwendungsfall zur Bestimmung der HK dürfte in aller Regel die sog. Erstherstellung sein. D.h., ein bislang nicht existierender VG wird erstmalig neu hergestellt. Unter den Begriff der Herstellung eines VG i. e. S. ist aber auch die sog. Zweitherstellung zu subsumieren. Hierzu zählen die Wiederherstellung eines voll verschlissenen Teils sowie die völlige Wesensänderung eines Gegenstands, "weil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch in diesen Fällen ein neuer VG entsteht" (Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 318).
Dagegen handelt es sich im Falle der Erweiterung (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 338ff.) ebenso wie der wesentlichen Verbesserung eines VG über den ursprünglichen Zustand hinaus (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 344ff.) um sog. nachträgliche HK (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 330ff.).
Rn. 131
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Gegenstand des Bewertungsvorgangs können sein:
(1) |
Güter des AV und UV; |
(2) |
Sachgüter und immaterielle Güter; nach der Implementierung des Aktivierungswahlrechts für selbst erstellte immaterielle VG des AV (vgl. § 248 Abs. 2 Satz 1) können nun für diese ebenso Bewertungsfragen auftreten wie für solche des UV, für die eine Aktivierungspflicht bereits bestand; |
(3) |
LuL; so kommt z. B. eine Bewertung der noch nicht abgerechneten Leistungen i. R.d. Bilanzp... |