Dr. Karl Petersen, Prof. Dr. Christian Zwirner
Rn. 10
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Hinsichtlich der in § 319b enthaltenen Verweise ist allerdings festzuhalten, dass diese in sich nicht stimmig sind. So gilt der Gesetzesverweisung in § 319b Abs. 1 Satz 2 auf § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 folgend die Ausübung bestimmter über die AP hinausgehender Tätigkeiten durch den Netzwerkpartner – wie die Mitwirkung bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden JA, bei der Durchführung der Internen Revision in verantwortlicher Position, die Erbringung von UN-Leitungs- oder Finanzdienstleistungen sowie eigenständiger versicherungsmathematischer Leistungen oder von Bewertungsleistungen mit nicht nur untergeordneter Bedeutung – nur für AP, also natürliche Personen, und nicht für WPG/BPG als unwiderlegbarer Ausschlussgrund. Die allg. Regelungen zur Unabhängigkeit für WPG/BPG sind nämlich in § 319 Abs. 4 normiert. Auf diesen nimmt § 319b in Abs. 1 Satz 1 zwar pauschal Bezug. Allerdings enthält § 319b Abs. 1 Satz 1 für die an dieser Stelle genannten Ausschlussgründe die Möglichkeit, dass der AP eine fehlende Einflussnahme des Netzwerkpartners belegen kann und daher selbst doch nicht von der betreffenden AP ausgeschlossen wird. Damit könnten WPG/BPG – anders als eine natürliche Person "Abschlussprüfer" – die Befreiungsmöglichkeit der sog. Escape-Klausel (vgl. HdR-E, HGB § 319b, Rn. 18) in Anspruch nehmen, d. h., betreffende Gesellschaft hätte weniger strenge Regelungen zu beachten als die natürliche Person. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass diese Differenzierung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. bereits WPK-Magazin 2/2009, S. 4 (6)), sondern vielmehr ein Einbezug auch von WPG/BPG unter § 319b Abs. 1 Satz 2 und damit unter die unwiderlegbar vorliegenden Ausschlussgründe gemeint war.
Rn. 11
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Ein weiteres Beispiel für gesetzgeberisches Versehen stellt der Verweis des § 319b Abs. 1 Satz 2 auf § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2f. (a. F.) dar, wonach bei der Prüfung von PIE zusätzlich geltende Ausschlussgründe auf den Netzwerkpartner übertragen werden sollten. Auch hier ergibt sich – bei strenger Auslegung des Gesetzestextes – nur die Gültigkeit für AP, nicht jedoch für WPG/BPG. Hierfür wäre ein zusätzlicher Verweis auf § 319a Abs. 1 Satz 2 ((a. F.); der wiederum auf § 319 Abs. 4 Bezug nimmt) erforderlich gewesen (vgl. WPK-Magazin 2/2009, S. 4 (6)).
Rn. 12
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Eine Klarstellung des Gesetzgebers ist allerdings im Zeitablauf nicht erfolgt. Auch dies spricht für die oben dargestellte Sichtweise, die von den WPG angenommen worden ist und in der Berufspraxis nicht zu größeren Streitigkeiten geführt hat. Im Zweifelsfall ist auf die tatsächlichen Gegebenheiten Bezug zu nehmen und vor diesem Hintergrund die Frage zu beantworten, ob bei einem objektiven, verständigen und informierten Dritten Besorgnis der Befangenheit entsteht (vgl. HdR-E, HGB § 319b, Rn. 6). Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die in § 319b enthaltenen und aus einem Netzwerk resultierenden Ausschlussgründe gleichermaßen für einen AP ebenso wie für eine WPG/BPG gelten sollen.