Dr. Matthias Heiden, Dr. Christian F. Bosse
Rn. 103
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Aufbauend auf der festgelegten Risikostrategie gilt es, systematisierend UN-spezifische hierarchie- und geschäftsfeldunabhängige Risikofelder festzulegen, in denen alle in- und externen Risiken erfasst werden (vgl. auch Weber, ZGR 2001, S. 422 (451); Wuermeling, DSB 1999, S. 4), von denen eine Bestandsgefährdung im beschriebenen Sinne ausgehen könnte. Diese Risikofelder ermöglichen es den bei der Risikofrüherkennung Beteiligten, bei der Risikoidentifikation mit Hilfe geordneter Suchrichtungen bis auf die jeweilige operative (Prozess-)Ebene vorzugehen, wobei Interdependenzen zu beachten sind. Alle UN-internen aber auch externen Rentabilitätsindikatoren sind in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf ihr Veränderungspotenzial durch Risiken zu untersuchen. Nachstehende Übersicht zeigt eine mögliche Systematisierung für Risiken in verschiedenen UN-Bereichen sowie eine Auswahl von Frühwarnindikatoren (vgl. Hochrein (1999), S. 35):
Übersicht: Risikofelder und Frühwarnindikatoren
Im Folgenden sind für das Risikofeld "Externe Geschäftsrisiken" beispielhafte Teilrisikofelder und jeweils beispielhafte Indikatoren ergänzend dargestellt (vgl. Bleuel/Schmitting (2000), S. 78ff.; Lück, DB 1998, S. 8 (12)):
Risikofeld |
Frühwarnindikatoren |
Gesamtwirtschaft |
Zinsen, Wechselkurse, industrielle Nettoproduktion, Tariflohnniveau, Außenhandel, Geldvolumen, Konjunkturindizes |
Gesellschaft und Soziales |
Bevölkerungsentwicklung und -struktur, Arbeitslosenzahl, Humankapital, kulturelle Differenzen, abweichende Präferenzen |
Politik |
Gesetzesvorbereitungen, Stabilität des politischen Systems, Parteienlandschaft, Enteignung |
Technologie |
Innovationen, Werkstoffentwicklung, Entwicklungen in der Produktions- und Verfahrenstechnologie |
Ökologie |
Umweltverträglichkeit von Produkten, Einsatzstoffen und Produktionsverfahren |
Rn. 104
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Änderungen der UN-Planung oder Strategie bedingen folglich eine erneute Risikoinventur. Dies ergibt sich jedoch bereits aus dem dauerhaften Charakter der Verpflichtung des Abs. 2 (vgl. ADS (2001), § 91 AktG, Rn. 18).
Rn. 105
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Grundlegend ist bei der Risikoidentifikation, die in engem Zusammenhang mit der sich anschließenden Risikoanalyse und -bewertung steht, dass zweckmäßigerweise das Risikofrüherkennungssystem nicht ausschließlich auf die Entdeckung (vordefinierter) bestandsgefährdender Risiken oder Risikozustände ausgerichtet werden sollte, "sondern regelmäßig auch solche Entwicklungen erfassen (sollte, d. Verf.), die deutlich unter dieser Schwelle angesiedelt sind. Besondere Aufmerksamkeit ist in diesem Zusammenhang den – z. B. in konzernverbundenen Unternehmen auftretenden – Wechselwirkungen und der Kumulation von Risiken zu schenken, die sich aus einzelnen unbedeutenden zu einem bestandsgefährdenden Risiko entwickeln können. So kommen z. B. Risiken in Betracht, die sich zwar wesentlich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auswirken, ohne jedoch für sich gesehen das Unternehmen schon in seinem Fortbestand zu gefährden. Insoweit ist die Begriffserläuterung in der Regierungsbegründung nicht ganz zutreffend. Sie ist allerdings ein Indiz dafür, dass auch der Begriff der Risiken in qualitativer Hinsicht insoweit nicht eng verstanden werden darf" (Hommelhoff/Mattheus (2000), S. 16; vgl. auch IDW PS 340 (2022), Rn. A14ff.).
Rn. 106
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Für verschiedene Vorschläge und praktische Erfahrungsberichte zum methodischen Vorgehen sowie zur UN- bzw. konzernweiten Umsetzung der Risikoidentifikation wird auf das Schrifttum verwiesen (vgl. hierzu und im Folgenden Ackermann (1999), S. 63ff.; AK "Finanzierungsrechnung" der SG, ZfbF-Sonderheft 46/2001, S. 1 (151ff.); Braun, vb 1999, S. (26ff.); Eisbach/Rothkegel, AiB 1999, S. 664 (665f.); Emmerich, ZfbF 1999, S. 1075 (1080f.); Fischer, ZfV 1999, S. 292 (294ff.); Füser/Rödel/Kang, FB 2002, S. 495 (496ff.); Gebhardt, RIW 1997, S. 390ff.; Gleissner (2001) S. 114ff.; Haas (2000), S. 604ff.; Hahn, ZfO 1987, S. 137 (147); Heiden/von Garnier/Weiss (2000); Henselmann (2001), S. 36f.; Holst (2001), S. 134ff.; Holst/Holtkamp, BB 2000, S. 815ff.; Mott (2001); Peter (2001), S. 103ff.; Pfennig (2000), S. 1307ff.; Reh (2001), S. 35ff.; Schimmelpfennig (2001), S. 281ff.; Schulze (2001), S. 149ff.; Vogler/Gundert, DB 1998, S. 2377 (2380ff.); Weber/Weissenberger/Liekweg (2001), S. 50ff.; Wefers/Fleckenstein (2002), S. 474ff.; Wichmann/Nürnberg (2000), S. 768ff.; Zündorf/Burger (2000), S. 732ff.). Dies gilt auch mit Blick auf die nachfolgend zu erörternde Bewertung, für die grundlegend festgehalten werden kann: "Unterschiedliche Zielsetzungen erfordern unterschiedliche Ansätze für die Risikomessung, die ihrerseits in ihrer Komplexität je nach Umfang der betriebenen Geschäfte und Risiken unterschiedlich weit vorangetrieben werden können" (AK "Finanzierungsrechnung" der SG, ZfbF-Sonderheft 46/2001, S. 1 (154)).