I. Zusammenhang zur Vollständigkeit der Bilanz
Rn. 31
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Nach § 246 Abs. 1 i. V. m. § 242 Abs. 2f. hat die GuV sämtliche Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Das Vollständigkeitsgebot beinhaltet die mengenmäßige Erfassung sämtlicher Bestands- (VG, Schulden und RAP) sowie aller Erfolgsgrößen (Aufwendungen und Erträge): Angesichts des systembedingten buchhalterischen Zusammenhangs bestehen zwischen der Vollständigkeit der GuV und der Vollständigkeit der Bilanz unmittelbare Beziehungen. Sind z. B. bei Tätigung einer Auszahlung für einen immateriellen Vorteil die Voraussetzungen der abstrakten und konkreten Aktivierungsfähigkeit gegeben, dann muss der betreffende Sachverhalt auch als VG ausgewiesen werden – womit sich eine Erfassung als Aufwand "automatisch" verbietet. Vergleichbare Zusammenhänge zeigen sich bei der sachlichen Zurechnung zum UN-Vermögen: Wird z. B. ein Leasinggegenstand wirtschaftlich dem UN-Vermögen des Leasingnehmers zugeordnet, dann resultiert daraus auch für die Erfolgsverrechnung eine systemkonforme Behandlung; anstatt einen "Mietaufwand" zu verbuchen, wird der Leasingnehmer einen "AfA- und Zinsaufwand" zu registrieren haben, der in seiner jährlichen Höhe vom "Mietaufwand" abweichen wird. I.d.S. ist auch die Aussage zu interpretieren, Aufwendungen und Erträge seien einem UN "dann zuzurechnen, wenn sie aus Geschäftsvorfällen stammen, die für Rechnung des Unternehmens erfolgt sind. In wessen Namen sie vorgenommen wurden, ist unerheblich. Daher sind z. B. die Mieterträge und die AfA eines Mietobjekts, das von einem Treuhänder in eigenem Namen für Rechnung des Treugebers vermietet wird, ausschließlich in der GuV des Treugebers zu erfassen, während nur der Treuhänder z. B. die Treuhandgebühr in seiner GuV berücksichtigen darf" (Beck Bil-Komm. (2022), § 246 HGB, Rn. 137). Die Aufwendungen und Erträge, die auf das PV eines Kaufmanns entfallen, sind notwendigerweise nicht im betrieblichen Bereich und damit in der GuV zu erfassen (vgl. auch die Regelung in § 5 Abs. 4 PublG, wo darauf hingewiesen wird, dass das PV "nicht in die Bilanz und die auf das Privatvermögen entfallenden Aufwendungen und Erträge nicht in die GuV aufgenommen werden" dürfen).
Das System der doppelten Buchführung, das eine Erfolgserrechnung durch Aufwands- und Ertrags- wie auch Reinvermögensvergleich ermöglicht, sorgt für einen direkten Zusammenhang der Inhalte von Bilanz und GuV und damit auch für deren Vollständigkeitsgebote.
In der GuV eines GJ sind demnach alle Aufwendungen (Verminderung des Nettovermögens, in der Finanzbuchhaltung erfasster Wertverzehr) und Erträge (Erhöhung des Nettovermögens, in der Finanzbuchhaltung in Geld bewerteter Wertzugang) zu registrieren (vgl. zu den Begriffen "Aufwand" und "Ertrag" Wöhe (1997), S. 21ff.), sofern sie zeitlich und sachlich der betreffenden Periode zuzurechnen sind.
II. Zeitliche und sachliche Zuordnung der Aufwendungen und Erträge
Rn. 32
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
In § 252 Abs. 1 Nr. 5 wird die verursachungsgerechte Zuordnung der Aufwendungen und Erträge "unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß" gefordert (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 107ff.). Der Grundsatz der Periodenabgrenzung ist dabei in engem Zusammenhang mit der Auslegung des Realisations- und Imparitätsprinzips zu sehen (vgl. u. a. Coenenberg/Haller/Schultze (2021), S. 43ff.). Trotz seiner gesetzlichen Normierung unter den "Allgemeine[n] Bewertungsgrundsätze[n]" hat er Auswirkungen darauf, ob ein Sachverhalt überhaupt im JA zu registrieren ist. Er stellt klar, dass eine Erfolgsrealisation nicht an die Erbringung von Zahlungen gebunden ist, und sorgt insofern für Zwecke der Erfolgszuordnung für eine bewusste Abgrenzung von der Orientierung an der Veränderung der Bestände der Zahlungsmittel durch Ein- und Auszahlungen einerseits sowie an der Veränderung der Bestände des Geldvermögens durch Einnahmen und Ausgaben andererseits: Die Veränderung des Reinvermögens wird zahlungsunabhängig durch die Bewirkung von Aufwendungen und Erträgen zum Ausdruck gebracht.
Rn. 33
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die sachliche Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen ist ausschließlich abhängig davon, ob sich das Reinvermögen des UN verändert. Neben dem skizzierten Zusammenhang zwischen PV und "Privataufwand bzw. -ertrag" ist insbesondere der Beziehung zwischen privatem bzw. nicht-betrieblichem und betrieblichem Bereich Beachtung zu schenken. Sowohl die offenen Transaktionen zwischen UN- und Unternehmerbereich als auch die verdeckten Transaktionen bedürfen grds. einer entsprechenden Berücksichtigung, so dass die Einlagen und Entnahmen bei einer Erfolgsermittlung über einen Reinvermögensvergleich zu eliminieren sind. In der HB werden dabei nur Einlagen und Entnahmen von VG (bzw. Schulden) berücksichtigt, während in der StB nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG auch Nutzungen und Leistungen entnahmefähig – nach h. M. (außer bei betrieblicher Nutzung des PV eines Einzelunternehmers) nicht einlagefähig – sind (vgl. ausführlich Kussmaul (1987), S. 213ff., 280ff., sowie Kussmaul, B...