Rn. 300

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Aufgrund der Stichtagsorientierung der HB ist die Höhe der in der Bilanz ausgewiesenen Rückstellungsbeträge jährlich zu überprüfen (vgl. WP-Handbuch 2012, Bd. I, Rn. E 142). Nach einer lange Zeit vorherrschenden Auffassung unterliegt die Anpassung des ursprünglich angesetzten Rückstellungsbetrags an neue Entwicklungen oder Erkenntnisse dem HWP (vgl. Moxter, A. 1989, S. 947). Danach sind Rückstellungen mit ihrem Zugangswert oder dem höheren Bilanzstichtagswert zu passivieren. Dies gilt jedenfalls solange, wie eine Wiederkehr der den Zugangswert der Schuld bestimmenden Faktoren bis zum Zeitpunkt ihrer Erfüllung möglich ist (vgl. Moxter, A. 1989, S. 947).

Nach a. A. soll das HWP für Verbindl.- und Drohverlustrückstellungen nicht gelten. Diese seien vielmehr zu jedem Stichtag ohne Rücksicht auf ihren Wertansatz in der Vergangenheit neu zu bewerten, was ggf. ein Unterschreiten des Zugangswerts erforderlich mache (so Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 253, Rn. 152). Begründet wird diese Auffassung mit dem Schätzmaßstab der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung und der Auflösungsvorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2.

 

Rn. 301

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Das BilMoG hat in dieser Auslegungsfrage nur bedingt für Klarheit gesorgt. In den Erläuterungen der Bundesregierung zur Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften heißt es, Rückstellungen seien "an jedem Abschlussstichtag neu zu bewerten bzw. zu ermitteln und zum dann gültigen Devisenkassakurs umzurechnen. Die Restriktionen des § 252 Abs. 1 Nr. 4 und des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB gelten hier nicht" (BT-Drucks. 16/10067, S. 62). Diese Formulierung deutet auf die Unbeachtlichkeit des HWP für Rückstellungen hin. Im Widerspruch dazu scheint die Begründung für die Diskontierung längerfristiger Rückstellungen mit einem durchschnittlichen Markzinssatz zu stehen: "Die Anwendung eines unternehmensindividuellen Zinssatzes würde bei sinkender Bonität des Unternehmens zu einem steigenden Abzinsungszinssatz und infolgedessen zu einer erfolgswirksam zu berücksichtigenden Verminderung des zurückgestellten Betrags führen". Das sei "mit dem Vorsichts- und Höchstwertprinzip nicht zu vereinbaren" (BT-Drucks. 16/10067, S. 55). In diesem Sinn kollidiert allerdings auch die mit dem BilMoG umgesetzte Abzinsungsregelung (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 328ff.) mit dem HWP, da sie in Zeiten steigender Zinsen zu einer Teilauflösung in der Vergangenheit gebildeter Rückstellungen führen kann. Der Konflikt zwischen den zitierten Aussagen lässt sich wohl nur auflösen, wenn man den Anwendungsbereich des HWP sehr eng definiert. Eine vollständige oder teilweise Rückstellungsauflösung wird man danach als geboten ansehen müssen, wenn sich die relevanten Bewertungsparameter im Vergleich zur letzten Bewertung verändert haben. Das ist etwa der Fall, wenn sich das der ungewissen Verbindl. zugrunde liegende Mengengerüst verändert hat (z. B. geringere Inanspruchnahme aus einer Gratifikation wegen erhöhter Fluktuation, Verfügbarkeit kostengünstigerer Verfahren für eine Altlastensanierung). Auch Preis-, Zins- oder Währungsänderungen, die zu einem niedrigeren Rückstellungsbetrag führen, sind zu berücksichtigen (z. B. gesunkene Lohn- oder Materialkosten bei Gewährleistungsverpflichtungen; vgl. hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 350 (12)). Mit einer bloßen Neuausübung von Beurteilungsspielräumen (z. B. weniger strenge Gewichtung des Vor­sichts­prin­zips oder veränderte subjektive Risikoeinschätzung, für die keine äußeren Anlässe vorliegen) lässt sich dagegen eine partielle Rückstellungsauflösung nicht begründen (hierzu auch vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 303).

 

Rn. 302

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Liegen die Voraussetzungen für eine Herabsetzung von Rückstellungen unter ihren Zugangswert vor, besteht Anpassungspflicht. Das ergibt sich aus der Auflösungsvorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 300). Diese Rechtsfolge gilt über § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die StB.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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