Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 209
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das in einem UN im Bereich der Kostenträgerstückrechnung angewandte Kalkulationsverfahren wird neben dem Differenzierungsgrad des Produktionsprogramms und dem Produktaufbau maßgeblich vom Produktionsverfahren mitbestimmt (vgl. Kilger (1992), S. 305f.). Während die Zuschlagskalkulation bei einer heterogenen Massenfertigung mit Produktionsmittelverbundenheit oder bei Einzelfertigung Anwendung findet, gelangt die Divisionskalkulation bei einer homogenen Massenfertigung (= quasi Einprodukt-UN) zum Zuge; die Äquivalenzziffernkalkulation kann dagegen bei einer annähernd homogenen Massenfertigung eingesetzt werden (vgl. Baetge/Uhlig, WiSt 1985, S. 274 (277)). Die Abgrenzung der EK erweist sich in diesem Zusammenhang nicht nur als eine Frage des Kalkulationsverfahrens und der sich hieraus ergebenden Möglichkeiten der EK-Fixierung, sondern auch und gerade als ein Problem, die einzelnen Kostenarten bei den unterschiedlichen Produktionsprozessen den EK bzw. GK zuzuordnen.
Rn. 210
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
EK setzen zunächst voraus, dass sie einem Kostenträger bzw. einer Kostenträgereinheit direkt – also ohne Schlüsselung – zugerechnet werden können. Von einer solchen Zurechnungsmöglichkeit ist stets auszugehen, wenn ein einzelner Kostenträger die Entstehung der Kosten unmittelbar verursacht hat. Bei heterogener Massenfertigung werden einzelne Kostenarten aber nicht durch die Fertigung eines bestimmten Kostenträgers unmittelbar verursacht, sondern durch die Gesamtheit aller zu fertigenden heterogenen Kostenträger. Letztere können demnach nicht unmittelbar zugerechnet werden und stellen somit keine EK dar.
Rn. 211
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
In einem Einprodukt-UN werden sämtliche Kostenarten in Kauf genommen, um alle Leistungseinheiten eines Kostenträgers zu fertigen. Unter dem Gesichtspunkt des für bilanzielle Zwecke zu beachtenden Einzelbewertungsgrundsatzes sind jedoch nicht alle Leistungseinheiten eines Kostenträgers als Bezugsobjekt für die Klassifizierung der EK anzusehen; vielmehr ist die einzelne Leistungseinheit des Kostenträgers als Orientierungspunkt zu betrachten. Würde nicht so verfahren und würden als Bezugsobjekt alle Leistungseinheiten eines Kostenträgers gewählt, käme man zu dem bemerkenswerten Ergebnis, dass in einem Einprodukt-UN sämtliche Kosten zwangsläufig auch final verstandene EK wären.
Rn. 212
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Als EK können demnach bei einem Einprodukt-UN nur solche Kosten gelten, die durch die Fertigung der einzelnen Produkteinheit verursacht werden. Für solche EK muss ebenso wie für die EK umfassende Kategorie der variablen Kosten gelten: "Sie können vermieden werden, wenn dieses Stück nicht produziert" (Wöhe (2005), S. 1083) würde. Liegt eine annähernd homogene Massenfertigung vor, gelten diese Ausführungen analog.
Rn. 213
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Besondere Probleme ergeben sich jedoch bei der Abgrenzung der EK von den GK i. R.e. Kuppelproduktion. "Unter Kuppelproduktion versteht man Produktionsprozesse, bei denen aus technologischen Gründen zwangsläufig in einem Arbeitsgang mehrere Produktarten gleichzeitig entstehen, deren Mengenrelationen entweder konstant oder nur innerhalb bestimmter Intervallgrenzen variierbar sind" (Kilger (1992), S. 354). Kuppelprodukte werden auch als Spaltprodukte oder -erzeugnisse bezeichnet. Da bei einer Kuppelproduktion die Kosten zwangsläufig für mehrere Produkte anfallen, gelangt Riebel (ZfhF 1959, S. 213 (216)) zum zutreffenden Ergebnis, dass "typische echte Gemeinkosten in Bezug auf die Kostenträger [...] sämtliche Kosten eines Kuppelprozesses" sind. EK sind demnach im Falle einer Kuppelproduktion bezogen auf die einzelne Produkteinheit nicht abgrenzbar (vgl. auch HdR-E, HGB § 255, Rn. 218ff.).