Dr. Robert Weber, Julia Sieber
Rn. 31
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Bei den Auswirkungen einer Umwandlung auf einen BHV ist je nach Umwandlungsform zu differenzieren. Außerdem kommt es darauf an, ob das herrschende oder das beherrschte UN umgewandelt wird. Grds. sind die Voraussetzungen des § 297 AktG und damit die Möglichkeit eines außerordentlichen Kündigungsrechts zu prüfen. Wird eine Vertragspartei auf die andere umgewandelt, erlischt als Rechtsfolge mit dem einen Vertragspartner auch der BHV und GAV wegen Konfusion.
I. Umwandlung beim Mutterunternehmen
Rn. 32
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Bei einer Verschmelzung gehen der BHV und GAV im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf den verschmolzenen Rechtsträger als herrschendes UN über; möglicherweise steht dem beherrschten UN aus § 297 Abs. 1 AktG ein Kündigungsrecht zu. Auch wenn ein beherrschendes UN ein drittes UN im Wege der Verschmelzung oder Spaltung übernimmt, bleiben der BHV und GAV bestehen. Dies gilt ebenso für den umgekehrten Fall, wenn das herrschende UN in einem dritten UN aufgeht. Bei einer Abspaltung bleibt der übertragende Rechtsträger existent, so dass auch der BHV und GAV bestehen bleiben; möglich ist auch der Übergang des BHV und GAV auf den übernehmenden Rechtsträger. In beiden Fällen kommt für das beherrschte UN ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nach § 297 Abs. 1 AktG in Betracht. Strengere Anforderungen an eine Kündigung aus wichtigem Grund wird man bei der Ausgliederung stellen müssen, wenn der BHV und GAV bei dem ausgliedernden UN verbleibt. Denn bei der Ausgliederung erhält der übertragende Rechtsträger die Anteile an dem übernehmenden UN, so dass sich seine Vermögenssituation kaum verändert und insbesondere seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht berührt wird. Ist dagegen der BHV und GAV Bestandteil des ausgegliederten Vermögens und geht er auf den übernehmenden Rechtsträger über, kann sich damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des MU für das TU ändern; daher bleibt in dieser Fallkonstellation für eine Kündigung des Vertrags mehr Raum. Bei der Aufspaltung des herrschenden UN ist zu differenzieren, ob der BHV und GAV nur einem oder allen übernehmenden Rechtsträgern zugeordnet werden. Im ersten Fall ist ein außerordentliches Kündigungsrecht des beherrschten UN anzunehmen, der zweite Fall stellt eine Vertragsänderung nach § 295 AktG dar (vgl. HdR-E, AktG § 291, Rn. 22). Der Formwechsel eines oder aller UN lässt den Bestand des UN-Vertrags grds. unberührt, weil sich dabei zwar die Gesellschaftsform, nicht aber die Identität als Rechtsträger ändert und das Gesetz für das MU keine Einschränkungen hinsichtlich der Gesellschaftsform macht (vgl. HdR-E, AktG § 291, Rn. 8; außerdem KK-AktG (2004), § 291, Rn. 70ff.; Müller, BB 2002, S. 157 (158, 160f.); BeckOGK-AktG (2022), § 297, Rn. 49, jeweils m. w. N.).
II. Umwandlung beim Tochterunternehmen
Rn. 33
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Wenn das beherrschte UN auf ein drittes UN verschmolzen wird, erlischt seine Rechtspersönlichkeit und alle Verbindlichkeiten gehen auf den übernehmenden Rechtsträger über. Dies gilt allerdings nicht für den BHV; dieser wird vielmehr durch die Verschmelzung beendet. Wird dagegen auf das TU ein dritter Rechtsträger verschmolzen, geht dessen Vermögen auf das TU über, wodurch der BHV unberührt bleibt. Zu beachten ist § 307 AktG; wenn durch die Verschmelzung erstmals außenstehende Aktionäre in den BHV involviert sind, dann endet der BHV spätestens zum Ende des laufenden GJ. Außerdem ist dem MU u. U. ein außerordentliches Kündigungsrecht einzuräumen. Eine Abspaltung berührt den BHV und GAV grds. nicht, weil das TU als solches bestehen bleibt. Soll dagegen der UN-Vertrag auf das übernehmende UN übergehen, steht dem MU ein Kündigungsrecht zu, denn das herrschende UN kann nicht ohne seine Mitwirkung an einen neuen Vertragspartner gebunden werden. Möglich ist ferner die Erstreckung des BHV und GAV auf den übernehmenden Rechtsträger; in dem Fall gibt es dann zwei TU. Auch bei der Ausgliederung bleiben der BHV und GAV bestehen; ein Kündigungsrecht des MU kann sich jedoch daraus ergeben, dass es sein Weisungsrecht aus § 308 AktG nicht mehr unmittelbar auf den ausgegliederten Vermögensteil ausüben kann. Bei der Aufspaltung muss unterschieden werden: Die Aufspaltung zur Aufnahme beendet den BHV und GAV grds., weil der aufnehmende Rechtsträger nicht ohne Beteiligung seiner Organe in die Rechte und Pflichten des Übertragenden eintreten kann. Bei der Aufspaltung zur Neugründung dagegen sind wirtschaftlich die gleichen UN beteiligt, so dass hier ein Übergang des Vertrags möglich ist. Ein Formwechsel auf Seiten des TU birgt eine besondere Problematik, denn das Gesetz beschränkt die Möglichkeit des Abschlusses eines BHV und GAV auf AG, KGaA und SE als beherrschte UN. Wechselt etwa eine AG in eine KGaA oder andersherum, bleiben davon der BHV und GAV unberührt. Fraglich ist aber, welche Auswirkungen es auf den UN-Vertrag hat, wenn das TU in eine andere Rechtsform wechselt. Auch hier werden i. d. R. der BHV und GAV von dem Formwechsel unberührt bleiben, weil mitt...