Rn. 20

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Durch den Betriebspachtvertrag gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 3 (1. Alternative) AktG verpachtet eine AG, KGaA oder SE den Betrieb ihres UN an einen anderen, durch den Betriebsüberlassungsvertrag gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 3 (2. Alternative) AktG überlässt sie den Betrieb ihres UN. Wie schon beim TGAV muss der Vertragspartner kein UN sein, sondern kann jede andere Person sein; die Rechtsform ist unerheblich. Ein Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsvertrag kann sowohl zwischen unabhängigen als auch zwischen einem herrschenden und einem beherrschten UN bestehen; für die abhängigen UN gilt hinsichtlich der Verlust­übernahme die Sonderregel des § 302 Abs. 2 AktG, wonach das herrschende UN jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag ausgleichen muss, soweit die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 95f.). I.d.R. wird ein Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsvertrag als konzerninterner Vertrag mit einem herrschenden UN geschlossen (vgl. BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 35; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 17). Mit der Formulierung "Betrieb ihres Unternehmens" besagt das Gesetz, dass die AG, KGaA oder SE die Führung aller ihrer Betriebe dem Pächter überlässt, also ihre bisherige operative Tätigkeit zu seinen Gunsten aufgibt, und zur Rentnergesellschaft wird. Wenn ein UN nur einen Betrieb verpachtet, die anderen Betriebe aber einstellt, liegt ebenfalls ein Betriebspachtvertrag vor; weil das UN selbst keinen Betrieb mehr führt, wird es auch hier zum Rentner. Dagegen ist die Verpachtung nur eines oder einzelner von insgesamt mehreren Betrieben für die Annahme eines Betriebspachtvertrags nicht ausreichend (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 29.10.1999, 11 U 45/99, NZG 2000, S. 422; MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 97; Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 8; Gessler, in: FS Ballerstedt (1975), S. 219 (228); Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 18; a. A. BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 41: Überlassung einzelner Betriebe ist für die Begründung eines Betriebspachtvertrags ausreichend). Werden nur einzelne völlig unbedeutende Betriebsteile ausgespart, kann hierdurch allerdings die Anwendbarkeit der Vorschriften über UN-Verträge nicht umgangen werden (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 18; MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 97).

 

Rn. 21

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Betriebspachtvertrag bestimmt sich nach den §§ 581ff. BGB. Die verpachtende AG, KGaA oder SE muss dem Pächter den Gebrauch und die Nutzung des Betriebs ihres UN überlassen und den Genuss der Früchte, die während der Pachtzeit gewonnen werden, gewähren. Der Pächter nutzt den Betrieb in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Gemäß § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Pächter verpflichtet, der AG, KGaA oder SE den vereinbarten Pachtzins zu zahlen; die Pacht kann aus einem festen und variablen, an der Höhe des erzielten Ertrags orientierten Anteil bestehen. Weisungsrechte bestehen keine (vgl. Gessler, in: FS Ballerstedt (1975), S. 219 (229f.); MünchKomm. BGB (2020), § 581 BGB, Rn. 7, 10).

 

Rn. 22

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Im Gegensatz dazu führt der Vertragspartner eines Betriebsüberlassungsvertrags den Betrieb auf eigene Rechnung, aber im Namen des UN; deshalb wird dieser Vertragstyp auch als "Innenpacht" bezeichnet (vgl. so Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 17f.). Damit der Vertragspartner im Namen des UN tätig werden kann, muss er Prokura gemäß § 48 oder Generalhandlungsvollmacht gemäß § 54 erhalten (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 19; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 39). Umstritten ist, ob Betriebspacht- und Betriebsüber­lassungsvertrag die Vereinbarung einer Gegenleistung voraussetzen. Während jedenfalls beim Betriebspachtvertrag überwiegend allein schon wegen der Begrifflichkeit die Vereinbarung einer Gegenleistung in Gestalt einer Pacht gefordert wird, ist das Meinungsbild für den Betriebsüberlassungsvertrag uneinheitlich (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 18: unentgeltliche Verträge dürften als verdeckte GAV zu qualifizieren sein; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 19, 25: Betriebsüberlassung kann unentgeltlich erfolgen, dann aber regelmäßig eintretende Folge der Unangemessenheit; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 43: Gegenleistung ist notwendiger Vertragsbestandteil, bei Unentgeltlichkeit kann ein Geschäftsführungsvertrag vorliegen; MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 110: Entscheidung für Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag muss einheitlich getroffen werden, Konzept des § 292 AktG setzt Entgeltlichkeit voraus). Sofern man davon ausgeht, dass die §§ 292 Abs. 1 Nr. 3 (2. Alternative), 293ff. AktG auch auf unentgeltliche Verträge Anwendung finden, wird die Unentgeltlichkeit jedenfalls regelmäßig unangemessen sein (vgl. HdR-E, AktG § 292, Rn. 25).

 

Rn. 23

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Die Rechte und Pflichten eines Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsvertrags sind i. d. R. eng miteinander verknüpft. Das kann zur Folge haben, dass bei Nichtigkeit eines ...

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