Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 76
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der KA-Prüfer wird grds. von den Gesellschaftern des MU gewählt wird (vgl. § 318 Abs. 1 (2. Halbsatz)). Allerdings geht der Gesetzgeber davon aus, dass der AP des JA des MU i. d. R. auch den KA prüft. Der AP des JA gilt als zum KA-Prüfer gewählt, wenn keine weitere Wahl (wie bei einer AG, KGaA und SE) auf der HV bzw. durch den zur Wahl eines AP berechtigten Personenkreis einer GmbH vorgenommen wird (Wahl kraft Fiktion gemäß § 318 Abs. 2 Satz 1). Für eine Prüfung des KA durch den AP des MU spricht, dass er die Verhältnisse des MU und vielfach auch der wichtigsten Konzern-UN am ehesten kennt (vgl. EBJS (2024), § 318 HGB, Rn. 18).
Rn. 77
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Vor einem Wahlvorschlag, der auf eine gesonderte Wahl eines KA-Prüfers verzichtet, haben sich die Vorschlagenden, d. h. der AR/Verwaltungsrat bzw. die betreffenden Gesellschafter, davon zu überzeugen, dass der Prüfer auch die KA-Prüfung ordnungsgemäß durchführen kann. Sie haben hierzu v.a. die personelle und sachliche Ausstattung des Prüfers zu berücksichtigen. Der Prüfer muss über den Umfang der einzubeziehenden Abschlüsse, insbesondere der Abschlüsse ausländischer TU, informiert werden, damit er beurteilen kann, ob seine personelle und sachliche Ausstattung dem Prüfungsauftrag gerecht wird und er die Kenntnisse besitzt, die zur Durchführung dieser speziellen KA-Prüfung erforderlich sind. Die "automatische" Bestellung des JA-Prüfers zum KA-Prüfer entbindet die im UN für die Bestellung des AP zuständigen Gremien somit nicht von ihrer Pflicht, die Eignung des vorgesehenen AP für die anstehende KA-Prüfung zu beurteilen.
Rn. 78
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ein KA-Prüfer ist gemäß § 318 Abs. 2 auch dann bestellt, wenn die gesetzlichen Vertreter bzw. die Gesellschafter des MU versehentlich annehmen, dass ein KA weder aufzustellen noch zu prüfen ist. Der JA-Prüfer hat alle Rechte eines KA-Prüfers und muss beurteilen, ob ggf. ein KA aufzustellen und zu prüfen ist. Ferner kann auch lediglich der KA, nicht aber der JA des MU, prüfungspflichtig sein, weil Letzterer die relevanten Größenkriterien nicht überschreitet. Eine automatische Bestellung des JA-Prüfers zum KA-Prüfer greift in diesem Fall nicht, da die freiwillige Prüfung des JA anderen rechtlichen Regeln unterliegt als die Pflichtprüfung des KA (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 103). Bspw. ist zu beachten, dass in diesem Fall der KA-Prüfer als Pflichtprüfer den Ausschlussgründen der §§ 319 Abs. 2 bis 5 und 319b sowie bei PIE den sich aus der AP-VO ergebenden Ausschlussgründen (vgl. dazu HdR-E, HGB § 318, Rn. 75aff.) unterliegt, die bei freiwilligen JA-Prüfungen nicht gelten. Hinzu kommt, dass die gerichtlichen Verfahren zur Ersetzung bzw. Bestellung des Prüfers gemäß § 318 Abs. 3f. nur für den KA-Prüfer einschlägig sind, während bei freiwilligen Prüfungen die Gesellschaft den Prüfungsauftrag widerrufen kann, sofern mit dem AP nicht im Prüfungsvertrag etwas anderes vereinbart ist (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 167).
Rn. 79
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Wahl des KA-Prüfers kann bei GmbH und PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 ebenso wie die Wahl des JA-Prüfers im Gesellschaftsvertrag abweichend vom Gesetz geregelt sein (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 2). Dabei kann die Zusammensetzung des den KA-Prüfer wählenden Personenkreises von der für den JA relevanten Regelung divergieren. In diesem Fall geht die gesellschaftsvertragliche Regelung, die die Kompetenz zur Wahl der verschiedenen AP bewusst unterschiedlich regelt, der gesetzlichen Fiktion der Bestellung des JA-Prüfers zum KA-Prüfer vor. Dies bedeutet, dass § 318 Abs. 2 in diesem Fall nicht greift und der JA-Prüfer auch dann, wenn kein KA-Prüfer bestellt wird, nicht automatisch zum KA-Prüfer wird. Dasselbe gilt, wenn gesellschaftsvertraglich festgelegt ist, dass JA und KA von unterschiedlichen AP zu prüfen sind und nur ein JA-Prüfer bestellt wird (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 102; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 65).
Rn. 80
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für den Fall, dass der Abschluss des MU als Zwischenabschluss in den KA einbezogen wird, sieht § 318 Abs. 2 Satz 2 vor, dass, soweit kein anderslautender Beschluss vorliegt, jener Prüfer zum KA-Prüfer und damit auch zum Prüfer des Zwischenabschlusses als bestellt gilt, der "für die Prüfung des letzten vor dem Konzernabschlußstichtag aufgestellten Jahresabschlusses des Mutterunternehmens bestellt worden ist." Diese Regelung ist seit Inkrafttreten des sog. Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG) vom 19.07.2002 (BGBl. I 2002, S. 2681ff.) gegenstandslos, da gemäß § 299 Abs. 1 der KA stets auf den Abschlussstichtag des MU aufgestellt werden muss.