Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 39
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Frage, ob Finanzierungsaufwendungen als Anschaffungsnebenkosten zu den AK zu rechnen sind, ist im Bilanzrecht nicht ausdrücklich geregelt, sie muss differenziert beantwortet werden. Für EK-Zinsen ist sie eindeutig zu verneinen; denn "Eigenkapitalzinsen sind keine Ausgaben und kein Aufwand, sondern kalkulatorische Kosten" (Wöhe (1997), S. 382; vgl. auch Husemann (1976), S. 95; a. A. MünchKomm. AktG (1973), § 153, Rn. 15). Eine Einbeziehung dieser Zinsen würde zu einem Verstoß gegen das Realisationsprinzip führen und somit ein grundlegendes Prinzip des Bewertungsrechts missachten.
Rn. 40
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
FK-Zinsen (z. B. für Bank-, Teilzahlungs- und Wechselkredite) sind grds. auch nicht aktivierungsfähig, denn der Wert des angeschafften Gegenstands wird dadurch, dass das UN den Kaufpreis nicht selbst aufbringt, sondern FK in Anspruch nimmt, nicht erhöht.
Ausnahmsweise dürfen aber FK-Zinsen aktiviert werden, wenn die Kredite dazu dienen, die "Anschaffung von Neuanlagen mit längerer Bauzeit durch Anzahlungen oder Vorauszahlungen zu finanzieren" (ADS (2023), § 255, Rn. 85). In diesen Fällen ersetzen die Kredite, die zur Finanzierung der An- oder Vorauszahlung vom Erwerber aufgenommen werden, sonst beim Lieferanten zu verzinsendes FK und führen somit zu einer Verminderung des anderenfalls vom Lieferanten dem Erwerber in Rechnung zu stellenden Anschaffungspreises. Voraussetzung ist, dass die Fremdfinanzierungskosten den Charakter von EK aufweisen; im Regelfall wird dies erfordern, dass schon im Kaufvertrag auf die Zinskomponente hingewiesen wird. Der Betrag der zu aktivierenden Zinsen beschränkt sich dabei aber auf denjenigen Betrag, der auf den Zeitraum bis zum Abschluss des Anschaffungsvorgangs entfällt.
Die herrschende Lehre zum alten Recht ist von einem Einbeziehungswahlrecht der ausnahmsweise einbeziehungsfähigen Finanzierungskosten ausgegangen. Nach § 255 Abs. 1 kann dieses Wahlrecht jedoch nicht mehr aufrechterhalten werden; vielmehr ist für die Fremdfinanzierungskosten, die die o. g. – sehr restriktiven – Bedingungen erfüllen, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 255 Abs. 1 von einer Einbeziehungspflicht auszugehen.
Rn. 41
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Demgegenüber vertraten Adler/Düring/Schmaltz ((1995), § 255, Rn. 38) noch die Ansicht, dass analog zu § 255 Abs. 3 Satz 2 ein Einbeziehungswahlrecht gegeben sei (vgl. diesbezüglich derweil mit a. A. ADS (2023), § 255, Rn. 85, wonach sowohl eine etwaige Aktivierungspflicht als auch ein Aktivierungswahlrecht verneint wird). Dies ist aus dem Wortlaut jedoch nicht ableitbar. Gemäß § 255 Abs. 1 zählen zu den AK all jene Aufwendungen, die dem entsprechenden VG einzeln zugeordnet werden können. Unter Berücksichtigung der o. g. Anforderungen trifft dies für die zur Diskussion stehenden Finanzierungskosten zu. § 255 Abs. 3 erstreckt sich ausdrücklich lediglich auf HK. Für diese ist der Bereich der zwingend einzubeziehenden Kostenarten in § 255 Abs. 2 fest umrissen; die Finanzierungskosten sind hierbei nicht erwähnt. Gemäß § 255 Abs. 3 werden lediglich die Kosten hinsichtlich ihres Umfangs i. S. d. max. Einbeziehungsmöglichkeit umschrieben. Aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts des § 255 Abs. 3 wird hierdurch jedoch keine Erweiterung des Mindestumfangs der HK erreicht. Wegen der unterschiedlichen Definition, dem Regelungsinhalt und den genannten strengen Anforderungen an die Einbeziehung von FK-Zinsen in die AK ist aus der Nichterwähnung der AK in § 255 Abs. 3 die Ableitung eines Einbeziehungswahlrechts unzulässig.