Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
I. Strafrechtliche Sanktionierung nach den §§ 332f.
Rn. 47
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Neben den bereits geschilderten Haftungsfolgen kann ein Verstoß gegen die in § 323 Abs. 1 genannten Verhaltenspflichten unter bestimmten Voraussetzungen auch strafrechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Spezialregelungen der §§ 332f. für AP von mindestens mittelgroßen KapG bzw. ihnen qua § 264a gleichgestellten PersG (für alle sonstigen Prüfungen kommen die allg. Vorschriften der §§ 403f. AktG bzw. §§ 18f. PublG zur Anwendung; vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 204).
Rn. 48
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
§ 332 regelt die Konsequenzen einer Verletzung der Berichtspflichten. Danach wird der AP oder sein Gehilfe (vgl. zur Abgrenzung HdR-E, HGB § 323, Rn. 3) mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft (vgl. § 332 Abs. 1; im Übrigen HdR-E, HGB § 332, Rn. 1ff.), wenn er vorsätzlich
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über das Ergebnis einer Prüfung falsch bzw. unrichtig berichtet, |
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erhebliche Umstände im Prüfungsbericht verschweigt, oder |
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einen inhaltlich unrichtigen BV erteilt. |
Der Tatbestand des § 332 setzt Vorsatz voraus (vgl. § 15 StGB; zur Irrtumsproblematik ADS (2000), § 323, Rn. 220); es genügt bereits bedingter Vorsatz (vgl. HdR-E, HGB § 323, Rn. 28; HdR-E, HGB § 332, Rn. 22). Bei nur fahrlässigem Handeln ist eine strafrechtliche Sanktionierung ausgeschlossen. Allerdings ist in den Fällen des § 332 Abs. 2 Satz 2 (Erteilung eines inhaltlich unrichtigen BV zu dem Abschluss eines UN von öffentlichem Interesse (PIE)) bereits ein leichtfertiges Handeln unter Strafe (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe) gestellt (vgl. § 332 Abs. 3; überdies HdR-E, HGB § 332, Rn. 22a). Allg. ist zu konstatieren, dass die Pflichtverletzung vollendet sein muss; der bloße Versuch ist nach § 23 StGB noch nicht strafbar (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 205, 217, 219; überdies HdR-E, HGB § 332, Rn. 23f.). Die Strafverfolgung erfolgt von Amts wegen.
Rn. 49
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
§ 333 sanktioniert Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht und das Verwertungsverbot (vgl. im Übrigen HdR-E, HGB § 333, Rn. 1ff.). Danach drohen dem AP oder seinem Gehilfen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe, wenn während der Prüfung erfahrene Geschäftsgeheimnisse der geprüften Gesellschaft, eines TU (vgl. § 290), eines gemeinsam geführten (vgl. § 310) oder eines assoziierten UN (vgl. § 311)
Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung sind ebenso wie bei § 332 Vorsatz sowie der Abschluss der Offenbarungs- bzw. Verwertungshandlung (vgl. zum Zeitpunkt der Vollendung ADS (2000), § 323, Rn. 224; zum Ausschluss des Vorsatzes bei Irrtum ADS (2000), § 323, Rn. 225). Die Offenbarung bzw. Verwertung muss darüber hinaus unbefugt erfolgen. Dies ist dann nicht mehr der Fall, sofern ein Rechtfertigungsgrund, wie z. B. die wirksame Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht (vgl. HdR-E, HGB § 323, Rn. 19), vorliegt. Eine Strafverfolgung setzt gemäß § 333 Abs. 3 nur auf Antrag des geprüften UN ein.
Rn. 50
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Nach beiden Regelungen erhöht sich das mögliche Strafmaß, wenn der AP oder sein Gehilfe gegen Entgelt oder mit einer Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht handeln, und zwar auf bis zu fünf Jahre (vgl. § 332 Abs. 2 Satz 1; überdies HdR-E, HGB § 332, Rn. 30ff.) bzw. bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe (vgl. § 333 Abs. 2 Satz 1; fernerhin HdR-E, HGB § 333, Rn. 36) oder Geldstrafe. Das in § 332 Abs. 2 Satz 1 verankerte (erhöhte) Strafmaß gilt ebenso, wenn ein inhaltlich unrichtiger BV zu dem Abschluss eines UN von öffentlichem Interesse (PIE) erteilt wird (vgl. § 332 Abs. 2 Satz 2).
II. Berufsaufsichtliche Maßnahmen
Rn. 51
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Bei einer schuldhaften Verletzung seiner Berufspflichten muss der AP nach § 67 Abs. 1 WPO auch mit berufsaufsichtlichen Konsequenzen rechnen. Liegt eine Berufspflichtverletzung vor, so kann diese mit einer berufsaufsichtlichen Maßnahme geahndet werden (vgl. § 68 Absatz 1 Satz 1f. WPO). Als Sanktionierungsmaßnahmen kommen Rüge, Geldbuße bis 500 TEUR, befristetes Tätigkeitsverbot oder Berufsausschluss in Betracht, wobei auch Maßnahmen nebeneinander verhängt werden können oder im Wiederholungsfall eine Untersagungsverfügung ausgesprochen werden kann (vgl. auch Marten/Quick/Ruhnke (2020), S. 289ff.). Der rechtskräftige Ausschluss aus dem Beruf hat das Erlöschen der Bestellung zur Folge (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 3 WPO). Ferner ist ein Widerruf der Bestellung gesetzlich vorgeschrieben, wenn der AP durch die Verurteilung in einem Strafprozess die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat (vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 2 WPO). Ein bei der vorsätzlichen Verletzung bestimmter Verhaltenspflichten eingeleitetes straf- (vgl. HdR-E, HGB § 323, Rn. 47ff.) bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliches (vgl. § 67ff. WPO; § 334 Abs. 2, 3 und 3a Satz 2; überdies HdR-E, HGB § 334, Rn. 18ff., 28ff., 32a) Verfahren hat Vorrang vor dem berufsgerichtli...