Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 270
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Im Normengefüge der IFRS wird das EK gemäß Rahmenkonzept (RK) als der nach Abzug aller Schulden verbleibende Restbetrag der Vermögenswerte eines UN definiert (vgl. RK.4.63 (2018); IAS 1.109; ED/2019/7.94; IFRS-HB (2024), Rn. 23.21ff.). Weitere Erläuterungen zum EK sind RK.4.64ff. sowie RK.6.87ff. zu entnehmen. Das zentrale Kriterium des materiellen EK-Begriffs nach IAS 32.16ff. ist grds. das Fehlen eines Rückforderungsrechts des Kap.-Gebers, sei es als vertragliche Verpflichtung zur Leistung von flüssigen Mitteln, anderen finanziellen Vermögenswerten oder zur Übertragung eines anderen Finanzinstruments unter potenziell ungünstigen Bedingungen. Insofern unterscheidet sich der EK-Begriff nach IFRS vom EK-Begriff nach HGB (vgl. Reuter (2008), S. 20ff., m. w. N., sowie zum EK-Begriff des HGB HdR-E, HGB § 272, Rn. 202ff.).
Rn. 271
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Nach IFRS dürfen bzw. müssen bestimmte Erträge und Aufwendungen nicht erfolgswirksam in der (Gesamt-)Ergebnisrechnung abgebildet, sondern stattdessen erfolgsneutral – in den Gewinnrücklagen bzw. als gesonderte EK-Komponente(n) direkt im EK erfasst werden (sog. sonstiges Ergebnis bzw. other comprehensive income (OCI)). Dadurch ist betriebswirtschaftlich bei IFRS-Abschlüssen der Periodenerfolg (profit or loss) – als Saldo aus GuV-wirksamen Erträgen und Aufwendungen grds. nicht mit dem (gesamten) Periodenergebnis (Gesamtergebnis) gleichzusetzen (vgl. Reuter (2008), S. 47ff., m. w. N.; Küting/Reuter, PiR 2009, S. 44ff.). Wenn unter (Perioden-)Erfolg das "Resultat" der GuV, d. h. der Saldo der in der GuV erfassten Erträge und Aufwendungen, verstanden wird, ist der Begriff "Gewinn" bzw. "Ergebnis" demnach umfassender als "Erfolg". Der (Perioden-)Gewinn bzw. das (Perioden-)Ergebnis umfasst dann neben dem Periodenerfolg auch den Saldo aus den während der Periode direkt im EK erfassten Erträgen und Aufwendungen (vgl. auch Pellens et al. (2021), S. 544).
Rn. 272
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die GuV-unwirksamen, direkt im EK erfassten Erträge und Aufwendungen müssen respektive sollten damit zur (bilanzanalytischen) Betrachtung der insgesamt in einer Periode erfassten Ertrags- und Aufwandsposten (Gesamtergebnis bzw. comprehensive income) – wie auch immer – mit betrachtet werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem "richtigen" Gewinn eines nach IFRS rechnungslegenden UN. Sollte eine Bilanz- und (ertragsorientierte) Abschlussanalyse bei IFRS-Abschlüssen nur auf das "Resultat" der GuV (Erfolg) oder auf das – das direkt im EK erfasste OCI einschließende – (Gesamt-)Ergebnis abstellen? Wie sind die einzelnen Erfolgskomponenten zu interpretieren? Zur Beantwortung dieser Fragen muss auf grundlegende (betriebswirtschaftliche) Überlegungen zum Gewinnbegriff, zu Kap.-Erhaltungskonzepten (vgl. auch RK.8.1ff.) sowie zum Kongruenzprinzip abgestellt werden (vgl. hierzu und nachfolgend Reuter (2008), S. 47ff., m. w. N.).
Rn. 273
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der Gewinnbegriff ist eine Ableitung vom Einkommensbegriff. Die beiden Begrifflichkeiten unterscheiden sich in der jeweils (steuerlich) betrachteten Ebene der Erreichung eines (monetären) Ziels, Gesellschaft einerseits und Gesellschafter andererseits. Danach erzielt ein Unternehmer "Einkommen", ein UN "Gewinn". Mithin repräsentiert der (bilanzielle) Gewinn eine Zunahme des bilanziellen EK bzw. sog. Reinvermögens betreffenden UN (Wert des Vermögens abzgl. Wert der Schulden). Das Einkommen knüpft an den Konsum an und legt damit fest, wie viel ein Wirtschaftssubjekt periodisch konsumieren kann, ohne sein ihm zur Verfügung stehendes Kap. zu vermindern. Der Gewinn (eines UN) dient dabei als Verteilungsgrundlage der Gesellschaft für das von den Gesellschaftern – aus dem UN – erzielte Einkommen (Ausschüttung).
Rn. 274
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Zur Bestimmung eines in GE ausgedrückten Gewinns muss die Bezugsgröße festgelegt werden, nach der sich seine Ableitung richtet. Soll unter "Gewinn" (einer Periode) die Veränderung einer bilanziellen Kap.-Wertgröße (während der betrachteten Periode, d. h. die Höhe einer Wertgröße zum Ende der Periode im Vergleich zu ihrer Höhe zu Beginn der Periode) verstanden werden, muss bestimmt werden, wann eine Steigerung der betrachteten Wertgröße stattfindet und wann eine "gewinn"-neutrale Veränderung dieser Größe vorliegt. M.a.W.: Es muss festgelegt werden, welcher Betrag von den Gesellschaftern dem UN zur Einkommenserzielung entnommen werden darf, ohne dass die – wie auch immer definiert – maßgebliche Kap.-Wertgröße sich verändert. Gewinn ist – grds. unabhängig von der konkreten Gewinnermittlungsmethode – folglich der Überschuss des EK eines UN am Ende einer Periode über das EK zu Beginn der Periode, wobei Entnahmen der Gesellschafter während der Periode dem Endkap. zuzurechnen, Einlagen hingegen abzuziehen sind.
Rn. 275
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Zur Bestimmung der relevanten EK-Größe dienen Kap.-Erhaltungsregeln. Diese sollen grds. eine Auskehr des Gesellschaftsvermögen...