Rn. 17
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
§ 238 Abs. 2 verpflichtet den Kaufmann, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe zurückzubehalten. Die Pflicht zur Zurückbehaltung wird ergänzt durch die Aufbewahrungspflicht gemäß § 257 Abs. 4, wonach die Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe sechs Jahre aufzubewahren sind.
Handelsbriefe sind gemäß § 257 Abs. 2 nur Schriftstücke, die ein Handelsgewerbe betreffen (vgl. im Einzelnen zum Begriff des Handelsbriefs HdR-E, HGB § 257, Rn. 57ff.).
Rn. 18
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Wiedergabe muss nach dem Gesetzeswortlaut mit der Urschrift übereinstimmen. Sie hat demnach v.a. im Hinblick auf die Beweiskraft vollständig zu sein; eine Wiedergabe lediglich des wesentlichen Inhalts ist nicht zulässig (vgl. Staub: HGB (2021), § 238, Rn. 62). Das Erfordernis einer vollständigen Wiedergabe bedeutet auch, dass z. B. Durchschläge abgesandter Handelsbriefe sämtliche vorgedruckten Textteile, die auf dem Original vorhanden sind, enthalten müssen (vgl. Staub: HGB (2021), § 238, Rn. 62f.).
Werden Handelsbriefe aus verschiedenen vorgegebenen Textteilen zusammengesetzt (Textselektionen), muss bei Verzicht auf eine Durchschrift sichergestellt sein, dass der Inhalt der verwendeten Textselektionen in einer Weise dokumentiert ist, welche die jederzeitige Herstellung einer mit der Urschrift übereinstimmenden Wiedergabe ermöglicht (vgl. Biener, DB 1977, S. 527 (533)).
Rn. 19
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Für die sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger gilt im Übrigen die allg. Voraussetzung, dass während der Aufbewahrungsfrist jederzeit in einer angemessenen Frist eine lesbare und inhaltlich übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe vorgelegt werden kann (vgl. § 257 Abs. 3). Hierbei fällt auf, dass einerseits § 238 Abs. 2 das Zurückbehalten der Wiedergabe auf einem Schriftträger erlaubt, andererseits § 257 Abs. 3 die Aufbewahrung nur auf Bild- oder anderen Datenträgern gestattet. Dies ist indes nur ein vermeintlicher Widerspruch, da ein Schriftträger ebenfalls als ein Datenträger begriffen werden kann (vgl. auch Peter/von Bornhaupt/Körner (1987), S. 148). Anderenfalls wäre nicht ersichtlich, warum die Aufbewahrung auf einem Schriftträger bei Vorliegen der allg. Voraussetzung (jederzeitiges Lesbarmachen) nicht zulässig sein sollte (vgl. im Übrigen HdR-E, HGB § 257, Rn. 61ff.).