Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
aa) Anpassungsprüfungspflicht
Rn. 689
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
§ 16 Abs. 1 BetrAVG regelt die sog. Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers für laufende Versorgungsleistungen. Danach muss der Arbeitgeber alle drei Jahre die Möglichkeit einer Anpassung laufender Versorgungsleistungen, also der Rentenzahlungen, überprüfen und entscheiden, ob er eine Anpassung vornehmen kann. Bei der Anpassungsentscheidung kann der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Lage berücksichtigen. Bei gewissen Konzernverflechtungen kann es auf die wirtschaftliche Lage der Konzernmutter und nicht auf diejenige der Konzerntochter ankommen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das TU in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit stark den Weisungen des MU unterworfen ist (vgl. BAG, Urteil vom 14.02.1989, 3 AZR 191/87, DB 1989, S. 1471f. und BAG, Urteil vom 10.02.2009, 3 AZR 727/07, DB 2009, S. 2554ff.). Zudem hat der Arbeitgeber i. R.d. Anpassungsprüfung die Belange der Versorgungsempfänger zu beachten.
Nicht von der Anpassungsprüfungspflicht erfasst werden Versorgungsanwartschaften (vgl. BetrAVG-Komm. (2014/I), § 16, Rn. 24ff). Entsprechendes gilt für Kap.- und Sachleistungen (vgl. BetrAVG-Komm. (2014/I), § 16, Rn. 19, 44).
Rn. 690
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Durch das sog. Rentenreformgesetz (RRG) vom 16.12.1997 (BGBl. I 1997, S. 2998ff.) hat der Gesetzgeber die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Anpassungsprüfungspflicht präzisiert. So ist nach § 16 Abs. 2 BetrAVG die Verpflichtung aus Abs. 1 erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes oder der Nettolöhne vergleichbarer AN-Gruppen des UN im Prüfungszeitraum.
Keinerlei Betriebsrentenanpassung ist geboten, wenn die unzureichende wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers sie nicht zulässt (vgl. hierzu BetrAVG-Komm. (2017/I), § 16, Rn. 158ff.). U.a. kann mangelnde EK-Rentabilität eine Nichtanpassung rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 23.05.2000, 3 AZR 146/99, DB 2001, S. 2255f.).
bb) Ausschluss der Anpassungsprüfungspflicht
Rn. 691
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Von der Anpassungsprüfungspflicht macht § 16 BetrAVG Ausnahmen
cc) Nachholende Betriebsrentenanpassung
Rn. 692
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Das BAG hatte entschieden, dass die seit dem Rentenbeginn eingetretene Teuerung auch dann voll auszugleichen ist, wenn an einem vorgelagerten Prüfungsstichtag eine Anpassung wegen unzureichender wirtschaftlicher Lage unterblieb (vgl. BAG, Urteil vom 28.04.1992, 3 AZR 142/91, DB 1992, S. 2401f.).
Dieser volle Teuerungsausgleich trotz zwischenzeitlicher Nichtanpassung wird häufig als nachholende Anpassung bezeichnet. Dieser Begriff ist insofern unglücklich, als er eine Nachzahlung einer zuvor rechtens unterbliebenen Anpassungsrate suggeriert. Dies ist aber nicht der Fall. Die Anpassungsbeträge sind nur ex nunc zu leisten.
Rn. 693
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Die bisherige Rspr. des BAG zur nachholenden Anpassung wurde vom Gesetzgeber i. R.d. RRG 1999 eingeschränkt. Der hierzu eingefügte § 16 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG bestimmt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine zu Recht unterbliebene Anpassung ex nunc nachzuholen. Nach Satz 2 gilt eine Anpassung als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage schriftlich dargelegt hat und dieser nicht binnen drei Kalendermonate nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und auf die Rechtsfolge eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde. Aufgrund der Übergangsvorschrift des § 30c Abs. 2 BetrAVG gilt Abs. 4 des § 16 BetrAVG nicht für vor dem 01.01.1999 zu Recht unterbliebene Anpassungen.
dd) Vertragliche Anpassungspflicht
Rn. 694
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Nicht nur aus der Anpassungsprüfungspflicht kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, die von ihm zugesagten laufenden Versorgungsleistungen anzupassen. Eine solche Anpassungsverpflichtung kann sich auch unmittelbar aus der Versorgungszusage ergeben.
Bei Versorgungszusagen, die nach dem 01.01.1999 erteilt wurden und in denen sich der Arbeitgeber zu einer jährlichen Anpassung der laufenden Versorgungsleistungen von mindestens 1 % verpflichtet hat, entfällt die Anpassungsprüfungspflicht (vgl. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG; ferner BetrAVG-Komm. (2014/I), § 16, Rn. 367). Sieht die Versorgungszusage diese Mindestanpassung nicht vor, kann aber eine aus anderen Gründen erfolgte vertragliche Anpassung mit der gesetzlichen verrechnet werden.
ee) Gesetzliche Anpassungspflicht bei Renten aus Entgeltumwandlung
Rn. 695
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Laufende Versorgungsleistungen aus einer mittels Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusage, die nach dem 31.12.2000 vereinbart wurde (vgl. § 16 Abs. 5 i. V. m. § 30c Abs. 3 BetrAVG), sind jährlich mindestens um 1 % anzupassen. Die mindestens 1 %-ige Anpassungspflicht für Rentenzahlungen aus Entgel...