Prof. Dr. Jens Poll, Ingrid Kalisch
I. Unterrichtung der Hauptversammlung bei § 71 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 AktG
Rn. 101
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
In den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 AktG besteht nach dem Erwerb eigener Aktien die Verpflichtung, die nächste HV über die in § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG genannten Punkte, namentlich (i) die Gründe und den Zweck des Erwerbs, (ii) über die Zahl der erworbenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkap., (iii) deren Anteil am Grundkap. sowie (iv) über den Gegenwert der Aktien zu unterrichten, wobei Gegenwert der Preis ist, den die Gesellschaft für die Aktien gezahlt hat. Die Angaben müssen substanziiert, also durch Tatsachen belegt sein. Im Fall des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG gilt dies auch für den Schaden, seine Schwere und die Notwendigkeit des Erwerbs zur Schadensabwehr (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 71, Rn. 22). Im Falle des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist die nächste HV darüber zu unterrichten, dass und in welchem Umfang ein Erwerb i. R.d. Ermächtigungsbeschlusses des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erfolgt ist. Diese Erfordernisse ergeben sich aus einer Gesamtschau der §§ 71 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 Satz 1 AktG und 131 Abs. 1 Satz 1 AktG. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG müssen die Aktionäre in die Lage versetzt werden, die Frage, ob der Erwerb als zulässig angesehen werden kann, nachzuprüfen und selbständig zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.1987, II ZR 119/86, NJW 1987, S. 3186 (3190); Hüffer-AktG (2024), § 160, Rn. 8; Lingemann/Wasmann, DB 1998, S. 853 (861)). Die Aktionäre benötigen die vorstehend genannten Angaben insbesondere auch deshalb, um feststellen zu können, ob das in dem Ermächtigungsbeschluss festgelegte Erwerbsvolumen eingehalten worden ist (vgl. Kleindiek (1997), S. 23).
Rn. 102
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Diese Angaben gehören zu den Pflichtangaben des Anhangs zum JA nach den §§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG, 264 Abs. 1 Satz 1 (vgl. HdR-E AktG, § 160, Rn. 6ff.), so dass eine besondere Unterrichtung nicht erfolgen muss, wenn die nächste HV diejenige ist, die auch den Anhang entgegennimmt. Die Angaben im Anhang müssen dann jedoch den Anforderungen des § 71 Abs. 3 AktG genügen. Mangelt es an erforderlichen Details im Anhang, so ist der HV zusätzlich über die fehlenden Angaben zu berichten (vgl. KK-AktG (2011), § 71, Rn. 65; Hüffer-AktG (2024), § 71, Rn. 22).
II. Ausgabe an Arbeitnehmer bei § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG
Rn. 103
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Im Falle des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG sind die Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb an die AN auszugeben.
Rn. 104
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Aus dieser Regelung folgt die Pflicht des Vorstands, die ihm möglichen und sinnvollen Anstrengungen zur Ausgabe an die AN zu unternehmen, auch zu wirtschaftlich sinnvollen geänderten Modalitäten (vgl. KK-AktG (2011), § 71, Rn. 84). Zur Rechtsfolge, wenn die Ausgabe nicht innerhalb der Jahresfrist erfolgt, vgl. HdR-E, AktG § 71, Rn. 52.