Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
I. Allgemeines
Rn. 121
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Neben der gerichtlichen Ersetzung des gewählten AP wegen in der Person des AP liegender Gründe nach § 318 Abs. 3 sieht das Gesetz in § 318 Abs. 4 eine gerichtliche Bestellung des AP in den Fällen vor, in denen bis zum Ende des GJ kein AP gewählt worden ist, der gewählte AP den Prüfungsauftrag nicht annimmt, der gewählte Prüfer weggefallen oder am rechtzeitigen Abschluss der Prüfung gehindert ist. Die genannten Fälle gelten – ungeachtet einer PIE-Eigenschaft – sowohl für den JA-Prüfer als auch den KA-Prüfer. Eine gerichtliche Bestellung des AP nach § 318 Abs. 4 unterliegt ähnlichen Regeln wie die gerichtliche Ersetzung des gewählten Prüfers nach § 318 Abs. 3.
Rn. 122
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für die Bestellung des AP gilt generell, dass das Recht zur Wahl des AP bei den dazu ermächtigten Gesellschaftsorganen liegt (vgl. § 318 Abs. 1 und 2); eine gerichtliche Bestellung ist die subsidiäre Lösung in den Fällen, in denen die primär ermächtigten Gesellschaftsorgane ihre Kompetenz nicht ausüben wollen oder können, um die Durchführung der AP sicherzustellen. Eine rechtspolitische Alternative zur gerichtlichen Bestellung des AP wäre für diese Fälle eine Pflicht zur Einberufung einer (außerordentlichen) HV bzw. Gesellschafterversammlung (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 174). Dieses alternative Vorgehen wäre indes zu schwerfällig und zu kostspielig (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 163, Rn. 34; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 99).
II. Antragsberechtigte Personen
Rn. 123
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Den Antrag auf gerichtliche Bestellung eines JA-Prüfers können die gesetzlichen Vertreter, der AR/Verwaltungsrat sowie die Gesellschafter stellen. Beim Antrag auf Bestellung eines KA-Prüfers sind die gesetzlichen Vertreter, der AR/Verwaltungsrat sowie die Gesellschafter des MU antragsberechtigt. Die Gesellschaftsorgane können dabei – ebenso wie im Verfahren nach § 318 Abs. 3 – jeweils nur als Gesamtorgan agieren (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 88). Gesellschafter sind auch bei einer AG, KGaA und SE – anders als im Ersetzungsverfahren – unabhängig von ihrer Beteiligungsquote antragsberechtigt. Die Antragsberechtigung hängt nicht davon ab, ob ein Gesellschafter bei der Wahl des AP stimmberechtigt ist oder nicht, da auch nicht stimmberechtigte Gesellschafter ein schutzwürdiges Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung der AP haben. Antragsberechtigt sind daher auch Vorzugsaktionäre ohne Stimmrecht (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 163 AktG, Rn. 38; Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 177) sowie GmbH-Gesellschafter, die aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen bei der Wahl des AP kein Stimmrecht haben. Ausgeschlossen vom Antragsrecht sind hingegen weitere an der Vornahme der gesetzlichen AP interessierte Personen, wie Gläubiger, Genussrechtsinhaber oder stille Gesellschafter (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 103).
Rn. 124
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für die gesetzlichen Vertreter des UN wird ihre Antragsberechtigung gemäß § 318 Abs. 4 Satz 3 zu einer Antragspflicht. Die Möglichkeit der Androhung von Zwangsgeld, um sicherzustellen, dass die AP zustande kommt, wurde mit dem EHUG allerdings aufgrund der geringen praktischen Bedeutung ersatzlos gestrichen (vgl. BT-Drs. 16/960, S. 50). Im Falle eines Verstoßes gegen ihre Antragspflicht haften die gesetzlichen Vertreter nach § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG für einen bei dem UN evtl. eintretenden Schaden. Die Antragspflicht entfällt, sofern ein Ersatzprüfer gewählt worden ist (vgl. dazu auch ADS (2000), § 318, Rn. 394).
Rn. 125
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wie in § 318 Abs. 3 ist auch in § 318 Abs. 4 der antragsberechtigte Personenkreis zwingend und abschließend festgelegt. Dies bedeutet einerseits, dass das gesetzlich vorgesehene Antragsrecht gesellschaftsvertraglich nicht eingeschränkt werden darf. Andererseits darf anderen, ebenfalls am Ergebnis der AP interessierten Personen auch gesellschaftsvertraglich kein Antragsrecht gewährt werden. Ein Antrag auf gerichtliche Bestellung des KA-Prüfers kann daher nur von den gesetzlichen Vertretern, dem AR/Verwaltungsrat oder den Gesellschaftern des MU gestellt werden, selbst wenn bei einer GmbH infolge einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung auch die Gesellschafter von TU an der Wahl des KA-Prüfers beteiligt sind.
III. Antragsgründe
1. Überblick
Rn. 126
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das Gesetz nennt in § 318 Abs. 4 vier Gründe, die eine gerichtliche Bestellung des AP rechtfertigen:
Die in den Punkten (2) und (3) genannten Antragsgründe setzen nach dem Wortlaut des Gesetzes zusätzlich voraus, dass kein Ersatzprüfer gewählt worden ist.
2. Fehlende Wahl des Abschlussprüfers
Rn. 127
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Antragsgrund d...