Dr. Tobias Brembt, Dr. Katrin Rausch
I. Überblick
Rn. 131
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Konsequenzen aus einem Verstoß gegen die Vorschrift des § 319 ergeben sich sowohl hinsichtlich des JA bzw. KA als auch bezüglich der rechtlichen Stellung des AP sowie ordnungsrechtlicher Maßnahmen. Dabei ist jeweils zu unterscheiden, ob gegen die Eignungstatbestände des Abs. 1 oder gegen die Vorschriften zur Unabhängigkeit verstoßen wurde. Weiterhin ist danach zu differenzieren, ob von Anfang an gegen eine Vorschrift verstoßen wurde, oder aber ein Verstoß erst im Verlauf der Prüfung eingetreten ist (vgl. des Weiteren auch Beck Bil-Komm. (2022), § 319 HGB, Rn. 93ff.).
II. Konsequenzen für den Jahres- bzw. Konzernabschluss
Rn. 132
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wird gegen die Vorschriften des Abs. 1 verstoßen, etwa weil die Person nicht über die Qualifikation als WP verfügt, so ist der JA nach den Vorschriften des § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG nichtig. Dies gilt nicht nur, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 bei der Bestellung zum AP nicht erfüllt waren, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen im Laufe der AP, bspw. durch Entzug der Bestellung zum WP, verletzt werden. Prinzipiell kann ein anfänglicher Verstoß nicht geheilt werden, indes besteht für den vorzulegenden Berufsregisterauszug (vgl. Abs. 1 Satz 3) die Ausnahme, dass dieser bei erstmaliger Durchführung einer gesetzlichen AP eines WP bis zu sechs Wochen nach Annahme des Prüfungsauftrags nachgereicht werden darf. Die Nichtigkeit des JA kann indes sechs Monate nach Einstellung in das UN-Register bzw. Offenlegung desselben gemäß § 325 nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. § 256 Abs. 6 AktG). Für GmbH existieren diesbezüglich keine vergleichbaren (gesetzlichen) Vorschriften, wobei jedoch von analogen Konsequenzen auszugehen ist (vgl. Biener/Berneke (1986), S. 418). Im Fall der Prüfung publizitätsgesetzlicher Abschlüsse besteht mit § 10 PublG eine § 256 Abs. 1 bis 3 AktG entsprechende Nichtigkeitsvorschrift.
Rn. 133
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wird gegen die Vorschriften der Abs. 2 bis 4 verstoßen, ist hingegen der JA nicht nichtig. Eine entsprechende Vorschrift wurde bei Erlass des BiRiLiG nicht in das HGB übernommen, da dem zu prüfenden UN u. U. verborgen bleiben kann, dass der AP bestimmte Ausschlussgründe erfüllt und eine Nichtigkeit des JA dann eine unverhältnismäßige Rechtsfolge für betreffendes UN darstellen würde (vgl. BT-Drs. 10/317, S. 96, 106).
III. Konsequenzen für die rechtliche Stellung des Abschlussprüfers
Rn. 134
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wird bei einer AG, SE oder KGaA durch die HV ein AP gewählt, der zu diesem Zeitpunkt nach den Vorschriften des § 319 kein AP der Gesellschaft sein darf, ist der entsprechende Beschluss nach der speziellen Nichtigkeitsregel des § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Dies gilt sowohl bei Verstößen gegen die Vorschriften des Abs. 1 als auch der Abs. 2 bis 4, da sämtliche dieser Vorschriften dem Interesse der Öffentlichkeit sowie dem Schutz der Gläubiger dienen und somit in den Anwendungsbereich des § 241 Nr. 3 AktG fallen (vgl. ADS (2000), § 319, Rn. 251; MünchKomm. AktG (1973), § 164, Rn. 20ff.). Der schuldrechtliche Prüfungsvertrag ist dann nach § 134 BGB i. V. m. § 319 ebenfalls nichtig; Selbiges gilt auch für den Wahlbeschluss bei einer GmbH (vgl. Staub: HGB (2023), § 319, Rn. 97). Dabei kann die Nichtigkeit nicht durch nachträgliche Beseitigung des betreffenden Verstoßes geheilt werden.
Rn. 135
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Tritt ein Verstoß nach der Wahl des AP durch die HV ein, ist hinsichtlich der Konsequenzen für die rechtliche Stellung des AP zwischen einem Verstoß gegen die Vorschriften des Abs. 1 einerseits sowie die der Abs. 2 bis 4 andererseits zu unterscheiden. Wird nach der Wahl gegen die Vorschriften des § 319 Abs. 1 verstoßen, gilt der AP damit als "weggefallen" (§ 318 Abs. 4 Satz 2), und das Gericht muss auf Antrag einen geeigneten AP bestellen.
Rn. 136
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wird allerdings nach der Wahl gegen Vorschriften der Abs. 2 bis 4 verstoßen, bleibt die Bestellung des AP zunächst bestehen (vgl. Staub: HGB (2023), § 319, Rn. 100). Erst wenn der AP die Ausschlussgründe nicht beseitigen kann, ist er berufsrechtlich zur außerordentlichen Kündigung des Prüfungsauftrags gemäß § 318 Abs. 6 verpflichtet und gilt damit als "weggefallen" (§ 318 Abs. 4 Satz 2). Bis zum Zeitpunkt des Verstoßes steht dem ehemaligen AP dann auch ein Vergütungsanspruch zu (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2010, Xa ZR 175/07, DB 2010, S. 436 (438f.)).
IV. Ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen
Rn. 137
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich (vgl. § 10 OWiG) als AP/vBP in eigener Sache oder für eine WPG oder BPG einen BV nach § 322 Abs. 1 (d. h. einen uneingeschränkten BV, einen eingeschränkter BV, einen Versagungs- oder gar Nichterteilungsvermerk) erteilt, obgleich er nach § 319 nicht AP sein durfte (vgl. § 334 Abs. 2 Satz 1; § 20 Abs. 2 Satz 1f. PublG). Überdies sieht § 334 Abs. 2 Satz 2 (bzw. § 20 Abs. 2 Satz 3 PublG) ein Bußgeld wegen unbefugter Erteilung eines BV auch für solche (PIE-)Fälle vor, in denen die Erteilung eines BV erfolgt, obwohl ein Verstoß gegen das Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs...