Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 92
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Obwohl das AktG sowohl für den Fall einer bedingten Kap.-Erhöhung zwecks Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) als auch für die in § 221 AktG geregelte eigentliche Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen grds. von einer Identität zwischen dem aus der Anleihe verpflichteten UN und der Bezugsrechtsgesellschaft ausgeht (vgl. KK-AktG (1990), § 192, Rn. 6; MünchKomm. AktG (1994), § 192, Rn. 20), muss mit der heute h. M. die Emission einer Warrant-Anleihe als zulässig angesehen werden, wenn MU (Bezugsrechtsgesellschaft) und TU (emittierendes UN) in einem Konzernverbund stehen (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 192, Rn. 11f.; Hölters-AktG (2022), § 192, Rn. 26; Kropff, ZGR 1987, S. 285 (308); Martens, in: FS Stimpel (1985), S. 621 (629ff.); a. A. noch Gustavus, BB 1970, S. 694f.). Begründet wird diese Ausnahme vom Rechtsgedanken der §§ 192, 221 AktG mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Sachverhalts: Die Begebung der Warrant-Anleihe durch das TU wird als eine Maßnahme der Kap.-Beschaffung des Konzerns verstanden, die wirtschaftlich auch dem MU zugutekommt (vgl. Martens, in: FS Stimpel (1985), S. 621 (630f.)).
Rn. 93
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
vorläufig frei
Rn. 94
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Regelung des § 272 Abs. 2 Nr. 2 dürfte auch unmittelbar auf den Fall der Warrant-Anleihe anwendbar sein (vgl. mit a. A. Lutter, DB 1986, S. 1607 (1613)). Sowohl das stenographische Protokoll der letzten Anhörung des Unterausschusses "BiRiLiG" (vgl. Deutscher BT (1986), S. 125ff.) als auch die Begründung des Ausschussberichts zu § 272 Abs. 2 Nr. 2 (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 106) lassen erkennen, dass dem Gesetzgeber das frühere Regelungsdefizit bekannt war, so dass durch die klarstellende Neufassung des § 272 Abs. 2 Nr. 2 die Rechtssicherheit wiederhergestellt werden sollte. § 272 Abs. 2 Nr. 2 spricht von dem "Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für [...] Optionsrechte [...] erzielt wird". Damit hat der Gesetzgeber bewusst Abstand von der Formulierung des § 221 AktG genommen, um nicht das mit dieser Gesetzesnorm verbundene strenge Identitätsprinzip (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 92) in die Vorschrift des § 272 Abs. 2 Nr. 2 zu übernehmen. Voraussetzung für die Dotierung der Kap.-Rücklage ist daher nicht die Ausgabe einer Schuldverschreibung sowie die Ausgabe von Optionsrechten durch die gleiche Gesellschaft, sondern § 272 Abs. 2 Nr. 2 ist dahin gehend zu verstehen, dass im Zusammenhang mit der Ausgabe einer Schuldverschreibung für Optionsrechte ein Betrag erzielt wird. Diese Voraussetzung ist zweifellos bei der Emission von Warrant-Anleihen erfüllt (vgl. so auch Kropff, ZGR 1987, S. 285 (309f.)).
Rn. 95
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Für die Bilanzierung bedeutet dies: Wird das von den Anleihezeichnern für die Optionsrechte gezahlte Entgelt in Form einer Optionsprämie von dem TU an das MU abgeführt (vgl. zu den möglichen Entgeltvereinbarungen Schlede/Kley (1987), S. 30), gelten die unter HdR-E, HGB § 272, Rn. 77ff., getroffenen Feststellungen zur Bilanzierung sinngemäß: In Höhe des von dem TU vereinnahmten und an das MU abzuführenden Betrags hat das TU eine Verbindlichkeit gegenüber verbundenen UN auszuweisen. Das MU demgegenüber hat eine Forderung gegen verbundene UN zu aktivieren und den Betrag auf der Passivseite nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 in die Kap.-Rücklage einzustellen.
Rn. 96
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Als rechtlich zulässig muss es auch angesehen werden, wenn auf eine Abführung der Optionsprämie durch das TU verzichtet wird (strittig; vgl. Loos, BB 1988, S. 369 (375f.); wohl auch Schlede/Kley (1987), S. 30; a. A. Lutter, DB 1986, S. 1607 (1613); Martens (1987), S. 168f.). Auch hier handelt der Anleihezeichner bei der Leistung des Optionsentgelts wirtschaftlich auf Anweisung der Altaktionäre (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 77): Diese lassen den Zeichner das Entgelt für die Optionsrechte nicht unmittelbar bei dem MU, sondern vielmehr bei dem TU einlegen, um auf diese Weise (mittelbar) den Wert ihrer Beteiligung an dem MU zu erhöhen (vgl. Loos, BB 1988, S. 369 (375)). Damit leisten die Altaktionäre letztlich auch bei dieser Sachverhaltsgestaltung eine Einlage in das Vermögen des MU, nämlich in Form der durch ihre Anweisung an die Anleihezeichner veranlassten Vermögensmehrung beim TU. Die Höhe dieser Einlage richtet sich nach dem jeweiligen Beteiligungsanteil des MU an dem TU. Für den wohl häufigsten Fall einer 100 %-Beteiligung entspricht sie dem von den Anleihezeichnern geleisteten Entgelt für die Optionsrechte. Da diese Einlage bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Optionsrechte geleistet wurde, muss bei dem MU ein entsprechender Betrag der Kap.-Rücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 2 zugeführt werden. Auf der Aktivseite ist als Gegenposten der Beteiligungsbuchwert des TU um die zusätzlichen AK zu erhöhen (vgl. Loos, BB 1988, S. 369 (375f.); Schlede/Kley (1987), S. 30; a. A. Kropff, ZGR 1987, S. 285 (309f.), der eine Dotierung der Kap.-Rücklage nur dann z...