Prof. Dr. Michael Dusemond, Dr. h.c. Armin Pfirmann
Rn. 408
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
§ 253 Abs. 2 Satz 1 wurde mit dem sog. Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.2016 geändert. Seit dieser Änderung sind Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen mit einem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Jahre zu diskontieren. Im Vergleich zur Altregelung, nach der – wie bei allen anderen Rückstellungen – ein durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre zugrunde zu legen war, wurde der Betrachtungszeitraum damit verlängert. Dies erschien dem Gesetzgeber wegen dem Langfristcharakter von Altersversorgungsverpflichtungen sachgerecht (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 680). Zudem soll(t)en durch diese Maßnahme die negativen Auswirkungen der anhaltenden Niedrigzinsphase auf die Attraktivität von Direktzusagen für Betriebsrenten sowie auf deren bilanzielle Erfassung vermindert werden (vgl. BT-Drs. 18/7584, S. 149).
Die Änderung des § 253 Abs. 2 Satz 1 führt unter Berücksichtigung des aktuellen Zinsumfelds im Vergleich zur Altregelung zu niedrigeren Barwerten der zu passivierenden Altersversorgungsrückstellungen. Da sich die daraus resultierenden Gewinne lediglich aus einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften ergeben und nicht die Geschäftstätigkeit betreffen, soll deren Ausschüttung unterbleiben. Diese Ausschüttungssperre ist in § 253 Abs. 6 Satz 2 verankert (vgl. BT-Drs. 18/7584, S. 149).
Die Anwendung von § 253 Abs. 6 Satz 2 ist aufgrund der unterschiedlichen Haftungsverfassungen von KapG und PersG bzw. Einzel-UN auf KapG und ihnen gleichgestellte PersG zu beschränken (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 680a; IDW RS HFA 30 (2016), Rn. 55c; WP-HB (2019), Rn. F 555).
Rn. 409
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der ausschüttungsgeschützte Unterschiedsbetrag ermittelt sich, indem der Ansatz der Altersversorgungsrückstellungen unter Berücksichtigung des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn GJ mit dem Ansatz der Altersversorgungsrückstellungen unter Berücksichtigung des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben GJ für jedes GJ verglichen wird (vgl. § 253 Abs. 6 Satz 1). Eine Ausschüttung darf schließlich nur insoweit vorgenommen werden, als nach der Ausschüttung die Summe aus frei verfügbaren Rücklagen und Ergebnisvortrag noch mindestens dem Unterschiedsbetrag entspricht (vgl. § 253 Abs. 6 Satz 2). Dabei sind ausschüttungsgesperrte Beträge nach § 253 Abs. 6 gemeinsam mit ausschüttungsgesperrten Beträgen nach § 268 Abs. 8 zu betrachten, damit die frei verfügbaren EK-Anteile nicht doppelt zur Deckung herangezogen werden (vgl. IDW, FN-IDW 2016, S. 305; IDW RS HFA 30 (2016), Rn. 55d).
Durch die Ausschüttungssperre werden statt Rückstellungen teilweise Rücklagen gebildet, die durch die Ausschüttungssperre im UN verbleiben (sollen; wegen der fehlenden Abführungssperre ist dieses Ziel aber nur bedingt erreichbar; vgl. auch nachfolgende Ausführungen sowie weitergehend HdR-E, HGB § 249, Rn. 680aff.).
Rn. 410
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Ausschüttungssperre gemäß § 253 Abs. 6 Satz 2 gilt aber nicht für Gesellschaften, die sich durch einen GAV bzw. EAV zur Abführung ihrer Gewinne verpflichtet haben. Nach § 301 AktG sind bei der Bestimmung des Höchstbetrags der Gewinnabführung lediglich die ausschüttungsgesperrten Beträge gemäß § 268 Abs. 8 in Abzug zu bringen. Der Wortlaut des § 301 AktG erfasst die ausschüttungsgesperrten Beträge gemäß § 253 Abs. 6 Satz 2 nicht (vgl. WP-HB (2019), Rn. F 558, m. w. N.).
Rn. 411
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Dem Informationsbedürfnis der Abschlussadressaten zur Umstellung der Abzinsung der Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen wird in § 253 Abs. 6 Satz 3 Rechnung getragen. Der o. g. Unterschiedsbetrag ist in jedem GJ im Anhang oder unter der Bilanz anzugeben.