Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 123
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Muss der Erwerber im Zusammenhang mit dem Erwerb eines VG Verpflichtungen (des Verkäufers) übernehmen, so gilt der Wert dieser Verpflichtung grds. als Bestandteil der AK des erworbenen VG. Diese Verpflichtung ist insoweit als Bestandteil der AK anzusehen, wie sie im Zeitpunkt der Anschaffung zu einer Passivierung führt(e). Hierbei ist es unerheblich, ob die Verpflichtung gegenüber dem Veräußerer oder einem Dritten besteht. Danach sind bspw. zu erfüllende Abbruch- und/oder Entsorgungsverpflichtungen einer Investition als AK dieser Investition zu behandeln (die betreffende Verpflichtung führt i. d. R. zu einer Rückstellung bei dem investierenden UN). Steuerlich kann hier z. B. nach § 5 Abs. 4b EStG etwas anderes gelten.
Konsequenterweise stellen demnach beim Erwerber nicht passivierungsfähige Verpflichtungen keinen Bestandteil der AK dar, z. B. Wegerechte oder sonstige Nutzungsrechte Dritter an erworbenem VG. Konkretisiert sich eine derartige Verpflichtung im Zeitablauf, so dass eine Passivierung erst zeitlich nach dem Anschaffungsvorgang möglich wird, so stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um nachträgliche AK handelt. Denkbar sind solche Fälle bspw., wenn der Veräußerer an späteren UE, die eine bestimmte Höhe überschreiten, partizipieren soll. Analog zu der Begründung für die Berücksichtigung von Wertsicherungsklauseln (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 44f.) ist auch hier davon auszugehen, dass keine nachträglichen AK vorliegen. Entsprechendes gilt für den Fall, dass man im Zeitpunkt des Erwerbs die erwarteten Verpflichtungen mit einem zu hohen Betrag – verglichen mit der im Zeitablauf tatsächlich realisierten Bezahlung – geschätzt hat.
Rn. 123a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Etwas anderes gilt jedoch in den Fällen, in denen sich eine Verpflichtung durch die Übernahme konkretisiert. In derartigen Fällen sind zunächst die AK für die jeweilige Verpflichtung festzulegen, um dann in einem zweiten Schritt die AK für die gegen Übernahme der Verpflichtung erworbenen VG zu bestimmen. Dies ist häufig in Fällen von Bedeutung, in denen VG gegen Übernahme von Pensionsverpflichtungen erworben werden. Bei Übernahme eines Betriebs, bei der der Erwerber die Pensionsverpflichtungen nach § 613a BGB übernehmen muss, stellt der notwendige Erfüllungsbetrag der übernommenen Pensionsverpflichtung die AK für die übernommene ungewisse Verbindlichkeit dar (vgl. IDW, FN-IDW 2015, S. 236 (237); überdies BFH, Urteil vom 12.12.2012, I R 28/11, BFH/NV 2013, S. 884 (Nr. 5), sowie BFH, Urteil vom 12.12.2012, I R 69/11, BFH/NV 2013, S. 840 (Nr. 5)). Der HFA weist darauf hin, dass auch andere Methoden angewandt werden könnten, betont aber, dass die in besagten BFH-Urteilen dargestellte Vorgehensweise (Ansatz des notwendigen Erfüllungsbetrags) als die präferierte Methode anzusehen ist. Durch die Übernahme der Verpflichtung konkretisiert sich die Verbindlichkeit dem Grunde nach und avanciert daher zu einer ungewissen Verbindlichkeit. Bei solchen Verbindlichkeiten entspricht der notwendige Erfüllungsbetrag (vgl. § 253 Abs. 1 Satz 2) dem Barwert der übernommenen Verpflichtungen (vgl. HdR-E, HGB § 253, Rn. 53ff.). Hierbei sind die künftig zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen entsprechend zu antizipieren. Der Tatbestand, dass die einzelnen Mitarbeiter möglicherweise erst Ansprüche durch die nach Übernahme zu erbringenden Arbeitsleistungen erdienen, ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung; dies wiederum wird vielmehr i. R.d. versicherungsmathematisch zu bedenkenden Parameter (wie z. B. Fluktuation oder Sterbewahrscheinlichkeit) bei der Berechnung der Höhe des Barwerts berücksichtigt. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf den im Anschluss an die beiden am 12.12.2012 ergangenen BFH-Urteile neu implementierten § 5 Abs. 7 EStG. Hiernach hat das übernehmende UN im ersten Folgejahr die übernommene Verpflichtung wieder mit dem sondergesetzlichen Bewertungsmaßstab (bei Pensionen der Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG) anzusetzen. Da i. d. R. dieser sondergesetzliche Bewertungsmaßstab geringer ist als der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Barwert, stellt dies eine Durchbrechung des AK-Prinzips dar – in der Folgebilanz ist auf der Passivseite ein Wert anzusetzen, der niedriger als die originären passivischen AK ist. Dies wiederum stellt eine Durchbrechung des auch für steuerbilanzielle Zwecke geltenden Realisationsprinzips dar, die durch die Möglichkeit der Dotierung einer gewinnmindernden Rücklage, die ihrerseits ratierlich aufzulösen ist, abgemildert wird.