Dr. Peter Küting, Prof. Dr. Mana Mojadadr
I. Begriff
Rn. 128
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Prinzipiell greift eine Ausschüttungssperre, sofern Vermögen aktiviert wird, das der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen als nicht verteilungsfähig ansieht. Daher kann der Terminus "Ausschüttungssperre" auch sinngemäß als eine "Entnahmesperre für Gewinne" verstanden werden. Mit den durch das BilMoG vollzogenen Änderungen einzelner handelsrechtlicher Ansatz- und Bewertungsvorschriften war einerseits eine Annäherung des JA nach HGB an die IFRS sowie andererseits eine Anhebung des Informationsniveaus handelsrechtlicher JA beabsichtigt (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 34). Der damit verbundenen Problematik der Erfassung wenig objektivierter bzw. nicht (am Markt) realisierter Erfolgsbeiträge wird i. S. d. handelsrechtlichen Kap.-Erhaltungsfunktion dergestalt zu begegnen versucht, als betreffende (unrealisierte) Gewinne einer – i. R.d. BilMoG neu konturierten – Ausschüttungssperre unterworfen und auf diese Weise neutralisiert werden (vgl. zur Erreichung der Neutralisierung des Spannungsverhältnisses zwischen Informationsfunktion und Gläubigerschutz durch das Rechtsinstitut der Ausschüttungssperre(n) kritisch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, S. 584ff.; Velte/Köster, BBK 2009, S. 959ff.; Funnemann/Kerssenbrock, BB 2008, S. 2674ff.; Grottke, KoR 2009, S. 261ff., jeweils m. w. N.). Die Ausschüttung und Abführung von Gewinnen wird seit BilMoG durch die Vorschriften der §§ 268 Abs. 8 sowie 301 AktG restringiert (vgl. auch HdR-E, HGB § 268, Rn. 251ff.; HdR-E, AktG § 301). Konkret ist für KapG (respektive denen qua § 264a gleichgestellte PersG; vgl. speziell dazu van der Laage, WM 2012, S. 1322 (1324ff.)) in § 268 Abs. 8 eine Ausschüttungssperre für
- in der Bilanz ausgewiesene selbst geschaffene immaterielle VG des AV, abzgl. der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern,
- den Betrag der wahlweise gebildeten aktiven latenten Steuern (wenngleich der Wortlaut nur auf den Aktivüberhang, um den die aktiven latenten Steuern die passiven latenten Steuern übersteigen, abstellt), sowie
- die Differenz aus (höherem) Zeitwert und AHK (wenngleich der Wortlaut nur auf die AK abstellt) der zur Deckung der Altersversorgungsverpflichtungen nach § 246 Abs. 2 Satz 2 vorhandenen VG, abzgl. der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern,
normiert, soweit diese Beträge die frei verfügbaren Rücklagen (abzgl. eines Verlustvortrags, zzgl. eines Gewinnvortrags) übersteigen.
II. Unrealisierte Gewinne im Kontext des § 256a
Rn. 129
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Durch die Vorgabe des § 256a (Satz 2), wonach bei Fremdwährungs-VG und -verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von höchstens einem Jahr die §§ 253 Abs. 1 Satz 1 und 252 Abs. 1 Nr. 4 (2. Halbsatz) nicht anzuwenden sind, können bzw. werden regelmäßig unrealisierte Gewinne entstehen, die im JA des berichterstattenden UN u. U. eine betragsmäßig hohe Bedeutung zu erlangen vermögen – etwa dann, wenn ein UN mehrere hohe Fremdwährungsforderungen mit einer Restlaufzeit von höchstens einem Jahr besitzt und der Kurs am Abschlussstichtag sinkt, so dass diese Posten wertmäßig nach oben zu korrigieren sind. Aus dem Unterschied zwischen vorherigem Wertmaßstab und neuem Wert der jeweiligen Forderung am Abschlussstichtag ergeben sich unrealisierte Gewinne, die im Verbund ein beträchtliches Ausmaß erreichen und damit den Gewinn des UN "verzerren" können. Dennoch existiert für aus der Währungsumrechnung resultierende unrealisierte Gewinne keine Ausschüttungssperre, während die Erfassung latenter Steuern und damit die aus den unrealisierten Gewinnen aus der Währungsumrechnung entstandenen Steuerlatenzen in bestimmter Weise einer Ausschüttungssperre unterliegen (vgl. HdR-E, HGB § 256a, Rn. 128).