I. Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft
Rn. 114
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Es entspricht einhelliger Auffassung, dass durch die Bestellungsentscheidung des Gerichts privatrechtliche Beziehungen zwischen dem Sonderprüfer und der Gesellschaft zustande kommen. Die gerichtliche Entscheidung hat privatrechtsgestaltende Wirkung, wobei in der Bestellung des Sonderprüfers durch das Gericht zugleich ein privatrechtlich gestaltender Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit (i. S.e. hoheitlichen Handelns) liegt (vgl. so MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 62; nach ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 54, liegt namens der Gesellschaft ein dem Sonderprüfer unterbreitetes Angebot zum Abschluss eines Prüfungsvertrags vor). Eines daneben durch den Vorstand der Gesellschaft abgegebenen Angebots bedarf es nicht. Der Vertrag mit der Gesellschaft kommt mit der Annahme des Prüfungsauftrags durch den Sonderprüfer zustande (vgl. so einheitlich KK-AktG (2017), § 258, Rn. 77; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 62). Auf das Schuldrechtsverhältnis zwischen Sonderprüfer und Gesellschaft sind die Regeln des Geschäftsbesorgungsvertrags (vgl. § 675 BGB) mit vorrangig werkvertraglichem Charakter anzuwenden, soweit nicht aktienrechtliche Sondervorschriften, etwa zu Vergütung und Haftung des Sonderprüfers (vgl. dazu HdR-E, AktG § 258, Rn. 115f., 121f.), bestehen (vgl. ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 54; Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 28; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 63). Neben dem Schuldrechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Sonderprüfer wird durch den gerichtlichen Bestellungsakt und die Annahme durch den Sonderprüfer auch eine Organstellung des Sonderprüfers begründet; die gerichtliche Entscheidung wirkt somit auch als körperschaftlicher Bestellungsakt (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 62). Nur mit einer Organstellung sind die Rechtswirkungen der abschließenden Feststellungen des Sonderprüfers erklärbar. Soweit gegen die abschließenden Feststellungen der Sonderprüfer (vgl. § 259 Abs. 2f. AktG) kein Antrag nach § 260 Abs. 1 AktG gestellt wird, binden diese Feststellungen das Gericht, aber auch die eigentlich für die Feststellung des JA zuständigen Organe. Deren Handeln und organschaftliche Befugnisse werden also ersetzt durch die abschließenden Feststellungen des Sonderprüfers. Dogmatisch ist diese Wirkung des Handelns des Sonderprüfers nur aus einer organgleichen Stellung ableitbar (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 27; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 62).
II. Vergütung und Auslagenersatz
Rn. 115
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Vergütung und Auslagenersatz des Sonderprüfers bestimmen sich gemäß § 258 Abs. 5 AktG nach der Sondervorschrift des § 142 Abs. 6 AktG. Diese Vorschrift entspricht § 318 Abs. 5 (Vergütung und Auslagenersatz bei gerichtlicher Bestellung des AP). Danach setzt das Gericht die dem Sonderprüfer zustehende Vergütung und die zu erstattenden Auslagen fest, wobei Einigkeit besteht, dass der Auslagenerstattungsanspruch abweichend vom Gesetzeswortlaut ("bare Auslagen") nicht auf Barauslagen beschränkt ist (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 142, Rn. 33). Die Vergütung und Auslagen sind von der Gesellschaft geschuldet bzw. zu erstatten (vgl. §§ 258 Abs. 5 Satz 1, 146 AktG), wobei diese möglicherweise gegen die Antragsteller einen Erstattungsanspruch hat, etwa wenn die Sonderprüfung ergibt, dass eine nicht unwesentliche Unterbewertung oder ein Mangel des Anhangs nicht vorliegt und sich herausstellt, dass die Antragsteller ihr Antragsrecht missbräuchlich ausgeübt haben (vgl. zu einem Anspruch aus § 826 BGB sowie anderen denkbaren Anspruchsgrundlagen, etwa bei Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder, §§ 93, 116 AktG; Hüffer-AktG (2021), § 146, Rn. 3; allg. ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 91). Die Gesellschaft ist ebenfalls Schuldner der Gerichtskosten, wenn das Gericht den Sonderprüfer bestellt (vgl. dazu HdR-E, AktG § 258, Rn. 120).
Rn. 116
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Gegen die Entscheidung über die Festsetzung von Vergütung und Auslagenersatz ist die Beschwerde statthaft (vgl. §§ 258 Abs. 5 Satz 1, 142 Abs. 6 Satz 3 AktG). Beschwerdeberechtigt sind die Gesellschaft und der Sonderprüfer. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. §§ 258 Abs. 5 Satz 1, 142 Abs. 6 Satz 3 AktG). Der (rechtskräftige) Festsetzungsbeschluss ist Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. §§ 258 Abs. 5 Satz 1, 142 Abs. 6 Satz 4 AktG).
III. Rechte des Sonderprüfers
Rn. 117
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Der Sonderprüfer nach den §§ 258ff. AktG ist hinsichtlich seiner Rechte gegenüber der Gesellschaft und deren Organen dem Sonderprüfer nach §§ 142ff. AktG weitgehend gleichgestellt.
1. Auskunftsrechte nach § 145 Abs. 1 bis 3 AktG
Rn. 118
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Zunächst besitzt der Sonderprüfer nach den §§ 258ff. AktG die Auskunftsrechte nach § 145 Abs. 1 bis 3 AktG. Er darf folglich sämtliche Bücher und Schriften einsehen und umfassende Prüfungshandlungen bei den VG vornehmen. Anders und weitergehend als gegenüber dem AP (vgl. § 320) sind alle Mitglieder des Vorstands und des AR dem Sonderprüfer zur Auskunftserteilung verpflichtet. Ein Auskunftsverweigerungsrecht analog zu § 131 Abs. 3 AktG steht dem Vorstand nicht...