Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 1069
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wer als Mitglied des Geschäftsführungsorgans oder AR vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich die Verhältnisse der Gesellschaft im Anhang unrichtig wiedergibt oder verschleiert, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft (vgl. § 331 Abs. 1 Nr. 1). Die vorsätzliche oder bedingt vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen Einzelvorschriften zum Anhang stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann (vgl. § 334 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 lit. d)).
Rn. 1070
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Fehlt dem JA gesetzwidrig der Anhang, sind der Feststellungsbeschluss zum JA und ein ggf. darauf beruhender Gewinnverwendungsbeschluss nichtig (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 11.02.2004, 14 U 23/03, GmbHR 2004, S. 662ff.).
Rn. 1071
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das IDW hat mit PS 250 (2012), Rn. 27ff., erstmals Grundsätze für die Beurteilung der Wesentlichkeit von Anhangangaben formuliert. Danach unterstellt der Gesetzgeber für die Angabepflichten im Anhang ihre Entscheidungsrelevanz für die RL-Adressaten mit der Folge, dass unterlassene Anhangangaben zunächst grds. wesentlich sind. Von diesem Grundsatz könne abgewichen werden, wenn der AP im konkreten Einzelfall zu dem Schluss kommt, dass eine Angabe für die Entscheidungen der RL-Adressaten nicht relevant ist. "Bei der Beurteilung, ob unterlassene oder fehlerhafte Anhangangaben wesentlich sind, kann unterschieden werden, ob es sich um Angaben handelt, die originär nur im Anhang zu machen sind oder ob die Angabe dem besseren Verständnis eines Bilanz- oder GuV-Postens dient, z. B. indem sie diesen aufgliedert bzw. erläutert. Falls eine originäre quantitative Anhangangabe, die Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gewährt, unterlassen wird, ist dies unter Berücksichtigung der Entscheidungsrelevanz für die Rechnungslegungsadressaten zu würdigen. Das Unterlassen einer originären quantitativen Anhangangabe, die anderen Einblickszielen dient (z. B. indem sie Einblick in die Vergütungsstruktur bzw. Zusammensetzung der Organe der Gesellschaft gewährt), ist demgegenüber grundsätzlich als wesentlich anzusehen. Die Auswirkungen fehlerhafter originärer quantitativer Anhangangaben müssen nicht in jedem Fall als wesentlich anzusehen sein; sie sind ebenfalls unter Berücksichtigung der Entscheidungsrelevanz für die Rechnungslegungsadressaten zu würdigen. Originäre qualitative Anhangangaben sind in vergleichbarer Weise zu beurteilen: Falls eine originäre qualitative Anhangangabe, die Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gewährt, unterlassen wird oder falls nur einzelne Aspekte der Anhangangabe fehlerhaft oder unvollständig sind, ist dies unter Berücksichtigung der Entscheidungsrelevanz der Abschlussadressaten zu würdigen. Das Unterlassen einer originären qualitativen Anhangangabe, die anderen Einblickszielen dient, ist demgegenüber grds. als wesentlich anzusehen. Ist ein Bilanz- oder GuV-Posten selbst unwesentlich und deshalb für die RL-Adressaten nicht entscheidungsrelevant, dann wird seine unterlassene oder fehlerhafte Aufgliederung bzw. Erläuterung grds. ebenfalls nicht wesentlich sein. Ist der Bilanz- oder GuV-Posten dagegen wesentlich, wird eine unterlassene Angabe grds. als wesentlich anzusehen sein; die Auswirkungen einer fehlerhaften Angabe sind unter Berücksichtigung der Entscheidungsrelevanz für die Rechnungslegungsadressaten zu würdigen."
Rn. 1072
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ist das Fehlen einer einzelnen Anhangangabe wesentlich, so hat der AP (ermessensfrei) seinen BV einzuschränken. So ist bspw. das Fehlen der Angabe der Gesamtbezüge von Organmitgliedern (vgl. § 285 Nr. 9 lit. a)) oder die Angabe zur Abgabe und Zugänglichmachung der Entsprechenserklärung (vgl. § 285 Nr. 16) stets wesentlich und mündet insoweit in einer Einschränkung des BV (vgl. allg. zur Wesentlichkeit HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 8ff.).