Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
Rn. 84
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Eine Erstprüfung liegt vor, wenn beim zu prüfenden UN ein Prüferwechsel stattgefunden hat oder zum ersten Mal eine JA-Prüfung durchgeführt wird (vgl. IDW PS 205 (2010), Rn. 1; ISA [DE] 510 (2020), Rn. 4; überdies Lück (1999), S. 77; Erle (1990), S. 111). Die Pflicht zu einer erstmaligen JA-Prüfung tritt sowohl bei neu gegründeten, prüfungspflichtigen UN als auch bei UN ein, die zum zweiten Mal die Größenkriterien einer kleinen KapG (vgl. § 267 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4) und ihr gleichgestellte PersG i. S. v. § 264a überschritten haben.
Rn. 84a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nachstehende Ausführungen gelten vom Grundsatz her analog für einen IFRS-EA nach § 325 Abs. 2a sowie für einen (nach HGB oder IFRS) erstellten KA. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Pflicht zur Erstellung eines KA (und Konzernlageberichts), auch wenn dieser gemäß § 315e nach IFRS erstellt wird, stets aus den jeweils nationalen Regelungen ergibt, ergo sich die Aufstellungspflicht allein nach den §§ 290ff. bzw. § 11 PublG bestimmt (vgl. nur Dusemond/Küting/Wirth (2018), S. 143ff., m. w. N.). Gerade bei einem KA geht die Pflicht zur erstmaligen Prüfung stets einher mit der Pflicht zur erstmaligen Erstellung eines KA (vgl. nur HdR-E, HGB § 316, Rn. 11ff.). Werden also erstmalig die Voraussetzungen der §§ 290ff. erfüllt, existiert somit mindestens ein einbeziehungspflichtiges TU und wird kein KA mit befreiender Wirkung nach den §§ 291f. erstellt oder liegen keine größenabhängigen Befreiungen nach § 293 vor, ist ein KA und Konzernlagebericht zu erstellen, der zudem der Prüfungspflicht unterliegt.
Rn. 85
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 265 Abs. 2 Satz 1 ist in der Bilanz und GuV zu jeder Position der entsprechende Betrag des vorhergehenden GJ anzugeben. Diese Angaben unterliegen als Bestandteil des JA der Prüfung nach den §§ 316ff. und sind damit auch in die Aussage des BV einbezogen (vgl. IDW PS 205 (2010), Rn. 14, mit einer Auflistung erforderlicher Prüfungshandlungen).
Rn. 85a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei Erstprüfungen infolge eines Prüferwechsels kann der AP die von einem anderen AP geprüften VJ-Zahlen übernehmen (vgl. IDW PS 205 (2010), Rn. 12). In diesen Fällen dürfte eine Erstprüfung unproblematisch sein. Unabhängig davon, kann sich der AP dazu entscheiden, im BV darauf hinzuweisen, dass der VJ-Abschluss von einem anderen AP geprüft worden ist (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 250). Die Prüfung der Eröffnungsbilanzwerte braucht indes im BV nicht gesondert bestätigt zu werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 250; WP-HB (2023), Rn. M 1256).
Rn. 85b
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei Erstprüfungen aufgrund erstmaliger Prüfungspflicht ergeben sich für den AP jedoch Schwierigkeiten, da keine geprüften Zahlen eines VJ-Abschlusses zur Verfügung stehen. Der AP muss deshalb die VJ-Zahlen in seine Prüfung einbeziehen, insoweit sie sich auf den neuen JA auswirken (vgl. IDW PS 205 (2010), Rn. 8f., 14; IDW PS 300 (2016), Rn. 5f.; IDW PS 318 (2010), Rn. 15; WP-HB (2023), Rn. M 1255). Er muss demnach prüfen, ob die Bilanzansätze für die einzelnen Bilanzpositionen in der Eröffnungsbilanz der erstmals zu prüfenden Periode so erfasst und bewertet waren, dass hieraus nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Darstellung der Ertragslage des zu prüfenden GJ zu rechnen ist. Wenn der AP eine solche Beeinträchtigung nicht ausschließen kann, ist ggf. der BV einzuschränken (vgl. IDW PS 318 (2010), Rn. 20).
Rn. 85c
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Handelt es sich um ein neu gegründetes UN, ist bei der Prüfung des JA der "Gründungsvorgang daraufhin zu beurteilen, ob sich Auswirkungen auf den Abschluss ergeben können" (IDW PS 205 (2010), Rn. 15). Wird hingegen die Erstprüfung eines JA aufgrund einer Umwandlung (bspw. Verschmelzung oder Spaltung) erforderlich, ist zu prüfen, ob diese "Umwandlung rechtmäßig zustande gekommen ist, z. B. ob der Verschmelzungsvertrag wirksam geworden ist" (IDW PS 205 (2010), Rn. 16).