Prof. Paul Scharpf, Dr. Joachim Brixner
Rn. 83
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Strukturierte Finanzinstrumente i. S. d. IDW RS HFA 22 (2015) sind VG mit Forderungscharakter (z. B. Ansprüche aus Krediten, Schuldscheindarlehen oder Anleihen) bzw. entsprechende Verbindlichkeiten, die im Vergleich zu den nicht strukturierten Finanzinstrumenten hinsichtlich ihrer Verzinsung, ihrer Laufzeit und/oder ihrer Rückzahlung besondere Ausstattungsmerkmale aufweisen. Die Ausgestaltung strukturierter Finanzinstrumente besteht i. d. R. darin, dass ein Basisinstrument (ein verzinsliches oder unverzinsliches Kassainstrument, wie z. B. eine Darlehensforderung) mit einem oder mehreren Derivaten (z. B. Swap, Forward, Future, Option, Cap, Floor, Swaption, CDS) zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist (vgl. ausführlich zu strukturierten Produkten mit Risikoprofilen Rieger (2016), S. 170ff.).
Ein Erwerb oder Verkauf der einzelnen Bestandteile eines strukturierten Finanzinstruments ist im Regelfall nicht möglich. Der Einstufung als strukturiertes Finanzinstrument steht nicht entgegen, dass insbesondere die derivativen Bestandteile durch entsprechende Sicherungsgeschäfte gegen Marktwertschwankungen abgesichert werden können oder (nach einer wertmäßigen Separierung) ihrerseits zur Sicherung herangezogen werden.
Durch die Kombination mit einem oder mehreren Derivaten bieten strukturierte Finanzinstrumente zusätzliche Ertragschancen gegenüber einer herkömmlichen Anleihe. Aus strukturierten Finanzinstrumenten können indes auch weitergehende Risiken resultieren (vgl. HdJ, Abt. I/13 (2014), Rn. 153), bis zum Totalverlust der Investition.
Strukturierte Verbindlichkeiten sind entsprechend strukturierten Vermögenswerten bilanziell abzubilden.
Nicht alle zusammengesetzten Finanzinstrumente sind nach der Verlautbarung des IDW als strukturierte Finanzinstrumente anzusehen. Eine Optionsanleihe mit abtrennbarem Optionsschein stellt kein strukturiertes Finanzinstrument i. S. d. IDW RS HFA 22 (2015) dar, da der Optionsschein als derivative Komponente am Markt separat gehandelt wird.
Originär entstandene Währungsforderungen und -verbindlichkeiten (verbrieft oder unverbrieft), wie z. B. aus dem Erwerb oder der Veräußerung von Handelswaren, sind ebenfalls keine strukturierten Finanzinstrumente (die Bewertung regelt § 256a). Demnach fallen Forderungen und Verbindlichkeiten aus LuL, Kreditforderungen und Anleihen in Fremdwährung nicht in den Anwendungsbereich des IDW RS HFA 22 (2015). Gleiches gilt für realwirtschaftliche Verträge, wie bspw. Miet- und Leasingverträge sowie Versicherungsverträge i. S. d. Versicherungsvertragsrechts.
Nicht Gegenstand dieser Ausführungen ist die Bilanzierung strukturiert ausgestalteter EK-Instrumente beim Emittenten (z. B. Wandelanleihen).