Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 31
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Liegen die Voraussetzungen des § 315 Satz 1 oder 2 AktG vor, muss das Gericht auf einen entsprechenden Antrag einen oder mehrere Sonderprüfer bestellen. Ein richterliches Ermessen hinsichtlich des "ob" der Bestellung kommt dem Gericht nach dem eindeutigen Wortlaut ("hat", im RegE noch "kann"; vgl. Kropff (1965), S. 416) und ihrer Entstehungsgeschichte nicht zu (vgl. Kropff (1965), S. 417; einschränkend für den Fall eines Rechtsmissbrauchs MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 22). Die Auswahl der Sonderprüfer erfolgt demgegenüber in dem durch § 143 AktG vorgegebenen Rahmen nach freiem Ermessen des Gerichts. Danach ist die konzernrechtliche Sonderprüfung als eine spezielle Ausprägung der allg. Sonderprüfung nicht als Vorbehaltsprüfung ausgestaltet (vgl. zum Begriff im Einzelnen Schedlbauer (1984), S. 15ff.; Jänig (2005), S. 342). Prüfungsträger können vielmehr alle Personen sein, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind. Wegen des Prüfungsgegenstands dürften in der Praxis aber regelmäßig nur WP und WPG bestellt werden (vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 14; KK-AktG (2004), § 315, Rn. 11; MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 25; Hölters-AktG (2022), § 315, Rn. 34). Für sie wie für alle sonstigen Personen gelten über § 143 Abs. 2 AktG die Bestellungsverbote des § 319 Abs. 2ff. und § 319b. Hinzu kommt, dass bei einer Gesellschaft, die ein UN von öffentlichem Interesse (PIE) i. S. d. § 316a Satz 2 ist, Sonderprüfer auch nicht sein darf, wer Nichtprüfungsleistungen nach Art. 5 Abs. 1 der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 vom 16.04.2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014) erbringt oder während der Zeit, in der sich der zu prüfende Vorgang ereignet hat, erbracht hat (vgl. des Weiteren MünchKomm. AktG (2022), § 143, Rn. 17ff.). Ein hiergegen verstoßender Bestellungsbeschluss durch das Gericht ist entgegen verbreiteter Ansicht nicht nichtig, sondern hat Bestand, wenn er nicht auf eine Beschwerde hin aufgehoben wird (sehr streitig; vgl. Hüffer-AktG (2022), § 143, Rn. 6; Henssler/Strohn (2021), § 143 AktG, Rn. 5; ausführlich Jänig (2005), S. 344ff.). Der ausgewählte Sonderprüfer ist vom Gericht namentlich zu benennen.