Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
Rn. 250
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Im handelsrechtlichen JA kann es im Zusammenhang mit Asset Deals oder vergleichbaren Sachverhalten (z. B. Umwandlungen) zur Entstehung eines derivativen GoF kommen. Während bei Assets Deals der handelsrechtliche vielfach dem steuerlichen GoF entspricht und kein Raum für eine Steuerabgrenzung verbleibt, führen Umwandlungen durchaus zu einem Auseinanderfallen des Wertansatzes in HB und StB. In einem solchen Fall stellt sich die grds. Frage, ob latente Steuern auf die temporären Differenzen von GoF zu bilden sind.
Rn. 251
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach hier vertretener Ansicht ist der Ansatz von latenten Steuern auf temporäre Differenzen eines GoF auch im Zeitpunkt des Erstansatzes geboten. Der Vollständigkeitsgrundsatz erfordert den Ansatz latenter Steuern auf sämtliche Sachverhalte, die temporäre Differenzen begründen. Kontrastierend zu IAS 12 finden sich in § 274 keine Ausnahmetatbestände, die einen Verzicht rechtfertigen könnten (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 87). Im Gegensatz zum KA, für den das HGB gemäß § 306 Satz 3 i. V. m. § 301 Abs. 3 Satz 1 (1. Alternative) ein explizites Verbot der Berücksichtigung von latenten Steuern auf den erstmaligen Ansatz eines GoF aus Konsolidierungsmaßnahmen vorsieht, fehlt eine solche Regelung für den JA. Bekräftigt wird diese Auffassung durch die Fiktion des § 246 Abs. 1 Satz 4, wonach ein GoF zum zeitlich begrenzt nutzbaren VG erhoben wird und somit der Anwendungsbereich des § 274 Abs. 1 Satz 1ff. eröffnet ist. Nicht überzeugend dagegen ist die Ansicht, dass es sich beim GoF um eine Residualgröße handele, die nicht mehr (z. B. durch den Ansatz von latenten Steuern) anzupassen sei. § 246 Abs. 1 Satz 4 gelte im Zugangszeitpunkt als lex specialis vorrangig vor den allg. Bewertungsregelungen der §§ 252ff. (vgl. Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, S. 1057 (1061)).
Rn. 252
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Charakter des GoF als Residualgröße erfordert bei der Ermittlung von latenten Steuern die Anwendung eines Iterationsverfahrens bzw. einer In-sich-Rechnung, da die Einbeziehung von latenten Steuern den GoF und somit die temporäre Differenz verändert. Dieses Zirkularitätsproblem lässt sich lösen, indem die vorläufige Differenz zwischen handels- und steuerrechtlichem GoF nicht – wie sonst üblich – mit dem Steuersatz multipliziert, sondern mit folgender Formel ermittelt wird:
Latente Steuer = Steuersatz / (1 – Steuersatz) × Bewertungsdifferenz GoF
Rn. 253
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der beschriebenen Ermittlungslogik liegt implizit die erfolgsneutrale Erfassung der latenten Steuern zugrunde. Dies bedeutet, dass angesetzte latente Steuern den ursprünglich ermittelten GoF in der HB erhöhen respektive reduzieren und somit erfolgsneutral gegen diesen gebucht werden.
Rn. 254–299
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
vorläufig frei