Rn. 103
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Werden mehrere UN unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, bilden sie einen Konzern. In § 18 AktG werden zwei Arten des Konzerns definiert, für die sich die Bezeichnungen "Unterordnungskonzern" und "Gleichordnungskonzern" eingebürgert haben. Der typische und in praxi vorwiegend anzutreffende Fall ist der Unterordnungskonzern, bei dem ein herrschendes UN ein oder mehrere abhängige UN unter einheitlicher Leitung zusammenfasst (vgl. § 18 Abs. 1 AktG). Von einem abhängigen UN wird vermutet, dass es mit dem herrschenden UN einen Konzern bildet (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG). Die Vermutung kann widerlegt werden. Ein Gleichordnungskonzern liegt vor, wenn mehrere rechtlich selbständige UN unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, ohne dass das eine UN von dem anderen abhängig ist (vgl. § 18 Abs. 2 AktG). Die einzelnen UN, die einem Unterordnungs- (praktischer Hauptfall) oder Gleichordnungskonzern angehören, bezeichnet das Gesetz als Konzern-UN. Konstitutives Merkmal sowohl des Unterordnungs- als auch Gleichordnungskonzerns ist somit die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung.
Rn. 104
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Beim Unterordnungskonzern wird wiederum unterschieden in:
- faktischer Konzern,
- Vertragskonzern und
- Eingliederungskonzern,
wobei diese Begriffe vom Gesetz nicht verwendet werden. Das Gesetz spricht in § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG von UN, zwischen denen ein BHV (vgl. § 291 AktG) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (vgl. § 319 AktG). In diesen beiden Fällen ist die Widerlegung der Konzernvermutung ausgeschlossen. Die Begriffe "Vertrags"- und "Eingliederungskonzern" werden durch Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 291 (BHV) bzw. 319 AktG (Eingliederung) bestimmt, während mit dem Terminus "faktischer Konzern" lediglich die Abwesenheit dieser spezifischen Konzernstrukturen zum Ausdruck gebracht wird. "Der faktische Konzern ist ein tatsächliches Phänomen ohne gesetzliche Definition" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 8). Darüber hinaus gibt es noch den Sonderfall des qualifiziert faktischen Konzerns, der jedoch nicht als eigenständiger Konzerntypus zu betrachten ist, sondern lediglich eine besonders qualifizierte Abhängigkeit i. R.d. faktischen Konzerns darstellt. Die hierzu von der Literatur und Rspr. entwickelten Grundsätze (v.a. zum GmbH-Recht) sind von der materiellen Rechtsregel her und ihren Voraussetzungen zu erschließen, können indes nicht aus dem – im Einzelnen sehr umstrittenen – Begriff abgeleitet werden (vgl. AktG-GroßKomm. (2017), § 18, Rn. 6).
Übersicht: Zur Systematik von Konzernarten
Rn. 105
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Im Verhältnis zu anderen UN-Verbindungen stellt der Konzern einen Unterfall der verbundenen UN i. S. d. § 15 AktG dar. Dabei geht das Gesetz von einem einheitlichen Konzernbegriff aus (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 2), wobei heute weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass der Konzernbegriff trotz der Regelungen im AktG rechtsformneutral auszulegen ist (vgl. ADS (1997), § 18 AktG, Rn. 5). Als Definitionsnorm soll § 18 AktG den "Inhalt der Anknüpfungsbegriffe Konzern bzw. Konzernunternehmen festlegen" (Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 1). Seine rechtliche Bedeutung als Schutzrecht im Zusammenhang mit den Vorschriften zu den verbundenen UN ist auf wenige Rechtsfolgen beschränkt, da das "Konzernschutzrecht [...] bereits im Falle von Abhängigkeit zum Zuge kommt, also keine einheitliche Leitung und damit keinen Konzern i. e. S. erfordert" (MünchKomm. AktG (2019), § 18, Rn. 16; vgl. so auch Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 1).
Rn. 106
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
In den Wirtschaftswissenschaften hat sich ein einheitlicher Konzernbegriff bislang nicht durchgesetzt (vgl. ADS (1997), § 18 AktG, Rn. 6; überdies Küting (2012), S. 9ff., jeweils m. w. N.). Trotz aller Unterschiede im Detail dominiert hier jedoch die Betrachtung des Konzerns als einheitliches UN, in dem insbesondere die unternehmerische Planung über die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Konzern-UN hinweg einheitlich für den gesamten Konzern vorgenommen wird (vgl. WP-HB (2021), Rn. C 135; Emmerich/Habersack (2020), § 4, Rn. 8). Besonders deutlich wird dies im Falle der Konzern-RL. So soll die Abbildung des in den jeweiligen KA eingehenden MU mitsamt seiner einzubeziehenden TU dergestalt erfolgen, "als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären" (§ 297 Abs. 3 Satz 1) bzw. "als gehörten sie zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit" (IFRS 10 Appendix A). Unter Geltung dieses Einheitsgrundsatzes (vgl. dazu nur Dusemond/Küting/Wirth (2018), S. 132ff.), der erhebliche formelle und materielle Auswirkungen auf die Gestaltung des KA hat, werden die rechtlich selbständigen Konzern-UN als unselbständige Betriebe bzw. Betriebsabteilungen behandelt. Demzufolge werden sämtliche Transaktionen zwischen den einzelnen Konzern-UN als innerbetriebliche Lieferungs- oder Leistungsbeziehungen betrachtet; eine Gewinnrealisierung z. B. kann erst bei Veräußerung an konze...