Dr. Eberhard Mayer-Wegelin
Rn. 11
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Auch für Gegenstände des Vorratsvermögens gilt das Prinzip der Einzelbewertung (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3). Die Ermittlung der individuellen AHK setzt jedoch voraus, dass sich der konkrete Gegenstand von anderen unterscheidet und er vom Zugang bis zum Abgang im Betrieb körperlich verfolgt und konkretisiert werden kann. Dies ist bei vertretbaren Sachen, d. h. bei Gegenständen, die im Geschäftsverkehr üblicherweise nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt werden, häufig nicht möglich, weil diese i. R.d. Lagerhaltung vermischt werden. Die gleichen Schwierigkeiten ergeben sich i. R.d. Weiterverarbeitung bei unfertigen Erzeugnissen. Beispiele für solche Vermischungstatbestände sind Vorräte, die auf Halde oder in Tanks lagern, oder der Metallkreislauf in der Nicht-Edelmetall- und der Edelmetall-Industrie. Wird im Laufe des GJ zu unterschiedlichen Preisen eingekauft, so ist eine Zuordnung und damit eine Bewertung der am BilSt vorhandenen VG mit ihren tatsächlichen AK nicht mehr oder nur noch mit einem unvertretbaren Aufwand durchführbar. Zur Vereinfachung der Bewertung kann in diesen Fällen eine Schätzung auf der Basis bestimmter Annahmen vorgenommen werden.
Rn. 12
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Das am weitesten verbreitete Verfahren ist die in § 240 Abs. 4 geregelte Durchschnittsmethode. Danach erfolgt die Bewertung des Bestands mit dem gewogenen Durchschnitt aus dem Wert des am Beginn des GJ vorhandenen Bestands (Anfangsbestand) und den AK der Zukäufe des lfd. Jahrs.
Beispiel:
Durchschnittswert: 89.750 : 7.000 = 12,82
Rn. 13
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Mit diesem Wert pro Einheit wird der Bestand am BilSt angesetzt. Für die Berechnung des Durchschnittswerts kann nicht nur auf das gesamte GJ, sondern auch auf kürzere Perioden, z. B. auf die Zugänge des letzten Quartals vor dem BilSt oder des zweiten Halbjahrs, abgestellt werden, wenn zu Recht unterstellt werden kann, dass der Endbestand sich i.W. aus Zukäufen dieser Betrachtungsperiode zusammensetzt. Möglich ist auch eine permanente Fortschreibung mit jedem Zukauf (gleitender Durchschnittswert), wobei der Bewertungsansatz für die Bilanz stets in Form des jüngsten Werts vorliegt.
Rn. 14
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Die Durchschnittsmethode ist zwar ein relativ einfaches Verfahren; es handelt sich aber nicht um eine Bewertung zu tatsächlichen AK, vielmehr beruht die Bewertung nur auf solchen. Sie kommt allerdings den tatsächlichen AK, die konkret nicht mehr feststellbar sind, relativ nahe. Bei steigenden Preisen bleibt die Durchschnittsmethode wegen der Einbeziehung des Anfangsbestands und der im GJ bereits getätigten Einkäufe hinter den Tagespreisen zurück; bei stagnierenden Preisen nähert sich der Durchschnittswert den Tagespreisen an und bei sinkenden Preisen muss nach § 253 Abs. 4 eine Abschreibung auf den niedrigeren Tagespreis vorgenommen werden. Die Durchschnittsmethode hat in der Praxis einen entscheidenden Nachteil. Bei steigenden Preisen erhöht sich auch der Durchschnittswert laufend, so dass der Bestand am BilSt von Jahr zu Jahr mit einem höheren Wert anzusetzen ist. Dadurch entstehen Buchgewinne, die zu Problemen bei der Substanzerhaltung führen, zumal diese nicht realisierbaren Gewinne auch zu versteuern sind.
Beispiel:
Rn. 15
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Da das UN aber mit den Beständen arbeitet und stets einen bestimmten Vorrat unterhalten muss, werden die Buchgewinne aus den Bewertungsdifferenzen in der Praxis als Scheingewinne angesehen. Ihre Ausschüttung oder Versteuerung würde dem UN die Mittel entziehen, die es zur Wiederbeschaffung der Vorräte benötigt. Erst bei wieder sinkenden Preisen lösen sich die Scheingewinne in umgekehrter Weise über Scheinverluste wieder auf. In den hiervon beeinflussten GJ wird der Einblick in die Vermögens- und Ertragslage verzerrt. Steigen die Preise fortlaufend oder verharren sie, ohne auf das Ausgangsniveau zurückzukehren, so ergeben sich dauernde Auswirkungen.