Rn. 51

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

§ 291 Abs. 3 AktG normiert eine Lockerung der sonst strikt einzuhaltenden Regelungen der Kap.-Bindung gemäß der §§ 57, 58 und 60 AktG. In der seit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 2026ff.) geltenden Fassung des § 291 Abs. 3 AktG ist die Kap.-Bindung schon dann aufgehoben, wenn die Leistung "bei Bestehen eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrags" erfolgt, während dagegen nach der früheren Fassung des § 291 Abs. 3 AktG nur Leistungen der Gesellschaft "aufgrund eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrags" von der Anwendbarkeit der §§ 57, 58 und 60 AktG freigestellt waren. Die Änderung des § 291 Abs. 3 AktG erfolgte im Zusammenhang mit der Einfügung der §§ 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG und 57 Abs. 1 Satz 3 AktG, die – u. a. – bestimmen, dass Leistungen, die "bei Bestehen" eines BHV oder GAV erfolgen, nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG bzw. gegen das Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkap. erforderlichen Vermögens i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verstoßen. Diese Gesetzesänderungen erfolgten nach der Begründung der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 41) vor dem Hintergrund der Unsicherheit über die Zulässigkeit der in Konzernen sehr verbreiteten Praxis des sog. Cash-Pooling (vgl. KonzernR (2022), § 291 AktG, Rn. 103ff.; MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 228ff.).

 

Rn. 52

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Unter der früheren Rechtslage war nach § 291 Abs. 3 AktG (a. F.) nur der abzuführende Gewinn von der Kap.-Bindung freigestellt. Da die Gewinnabführung nur durch die §§ 300ff. AktG, insbesondere das Gebot, zunächst einen Verlustvortrag zu decken, und durch das Verbot, gesetzliche Rücklagen anzutasten, begrenzt wird (nominale Substanzerhaltung), und die bei Beginn des UN-Vertrags vorhandenen stillen Reserven nicht geschützt werden, war es schon nach früherer Ansicht zulässig, solche Reserven aufzulösen und die außergewöhnlichen Erträge zur Erhöhung des abgeführten Gewinns zu verwenden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 07.06.1990, 19 W 13/86, AG 1990, S. 493; Müller, in: FS Kropff (1997), S. 517 (520)). Da es nach der neuen Rechtslage auf den Vertragsbezug ohnehin nicht mehr ankommt, sind nun sämtliche Leistungen der abhängigen Gesellschaft, d. h. jedweder Vermögenstransfer an das herrschende UN, im Grundsatz vom Konzernprivileg umfasst (vgl. KonzernR (2022), § 291 AktG, Rn. 105; MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 229; Hüffer-AktG (2022), § 291, Rn. 36; BeckOGK-AktG (2022), § 291, Rn. 144).

 

Rn. 53

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Auch i. R.e. BHV sind Leistungen möglich, wenn sie auch nicht notwendiger Bestandteil des Vertrags sind. Aufgrund der durch den Vertrag eingeräumten Leitungsmacht des herrschenden UN können Leistungen gefordert werden und erfolgen. Die Forderung erfolgt durch Weisungen und muss sich i. R.d. vertraglichen Leitungsmacht nach § 308 AktG bewegen. Dementsprechend waren Leistungen des beherrschten an das herrschende UN aufgrund rechtswidriger Weisungen nach der früheren Fassung des § 291 Abs. 3 AktG (a. F.) nicht privilegiert (vgl. zur alten Rechtslage MünchKomm. AktG (2000), § 291, Rn. 228f.; KK-AktG (2004), § 291, Rn. 107). Nach Wegfall der Beschränkung der Leistungserbringung "auf Grund" eines BHV wird eine rechtmäßige Weisung des herrschenden UN nicht mehr als zwingende Privilegierungsvoraussetzung gesehen (vgl. Hüffer-AktG Komm. (2022), § 291, Rn. 36; KonzernR (2022), § 291 AktG, Rn. 105; a. A. MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 232f.).

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