Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 7
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Bestellung von Sonderprüfern ist an einen der in § 315 Satz 1 Nr. 1–3 AktG geregelten Tatbestände geknüpft. Allen drei Tatbestandsvarianten liegen Beanstandungen anlässlich der Erstellung oder Prüfung des Abhängigkeitsberichts (vgl. §§ 312f. AktG) zugrunde und zwar in zeitlich rückläufiger Reihenfolge: An die Spitze rückt das Gesetz die Einschränkung oder Versagung des BV, zu welcher der AP im Falle einer Beanstandung gemäß § 313 Abs. 4 AktG verpflichtet ist (Nr. 1). In der Prüfungspraxis kommt es hierzu allerdings nur in ganz vereinzelten Fällen (vgl. Schedlbauer (1984), S. 180; zur Abgrenzung einer Einschränkung der Bestätigung zu einer bloßen Erläuterung OLG Köln, Beschluß vom 18.06.1999, 2 Wx 7/99, AG 1999, S. 519; zudem Dreher, EWiR 1999, S. 145f.). Ähnlich selten anzutreffen sind Einwendungen des AR gegen die Schlusserklärung des Vorstands (Nr. 2). Gesetzliche Grundlage ist die in § 314 Abs. 3 AktG vorgesehene Pflicht des AR, in formularmäßig festgelegter Form zu erklären, ob Einwendungen gegen die Schlusserklärung des Vorstands (vgl. § 312 Abs. 3 AktG) erhoben werden (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 3). Als drittes prüfungsauslösendes Moment nennt das Gesetz die Erklärung des Vorstands der berichtspflichtigen Gesellschaft, das abhängige UN sei durch bestimmte Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen benachteiligt worden, ohne dass die Nachteile ausgeglichen worden seien (Nr. 3). Eine solche Erklärung, die außer in den Abhängigkeitsbericht auch in den Lagebericht aufgenommen werden muss (vgl. § 312 Abs. 3 Satz 3 AktG; dazu auch Kropff (1965), S. 412), ist in § 312 Abs. 3 AktG vorgesehen, findet sich in der Konzernrechtspraxis aber ebenfalls nur selten (vgl. Schedlbauer (1984), S. 180).
Rn. 8
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
In allen drei Fällen hat das angerufene Gericht lediglich festzustellen, ob die vorerwähnten Erklärungen tatsächlich abgegeben worden sind. Ein weiterreichendes Prüfungsrecht oder gar ein richterliches Ermessen hinsichtlich der Einsetzung von Sonderprüfern – wie es während des Gesetzgebungsverfahrens noch vorgesehen war (vgl. Kropff (1965), S. 417; Noack, WPg 1994, S. 225 (235); Godin/Wilhelmi (1971), § 315 AktG, Rn. 3) – kommt ihm nicht zu (vgl. AktG-Komm. (2020), § 315, Rn. 7; Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 3; HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 125; AktG-GroßKomm. (1975), § 315, Rn. 5). Insbesondere liegt es außerhalb des gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsauftrags, die betreffenden Erklärungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.06.2011, 31 Wx 81/10, ZIP 2011, S. 1364 (1365); HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 124; BeckOGK-AktG (2022), § 315, Rn. 6), weil damit der Untersuchung durch die Sonderprüfer in unzulässiger Weise vorgegriffen würde. Entgegen vereinzelter Stimmen im Schrifttum (vgl. AktG-GroßKomm. (1975), § 315, Rn. 22), hat das Gericht vor einer Entscheidung aber den AR gemäß § 142 Abs. 5 AktG zu Rate zu ziehen, weil dessen Anhörung bei der Auswahl eines geeigneten Sonderprüfers helfen und den AR veranlassen kann, seinerseits dem Thema der Sonderprüfung nachzugehen (vgl. wie hier MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 23; BeckOGK-AktG (2022), § 315, Rn. 10; KK-AktG (2004), § 315, Rn. 10).