Rn. 123
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Hinsichtlich desselben Sachverhalts kann eine Sonderprüfung nach § 142 AktG nicht neben einer Sonderprüfung nach § 258 AktG stattfinden. Nach § 142 Abs. 3 AktG ist eine Sonderprüfung nicht hinsichtlich solcher Vorgänge statthaft, die Gegenstand einer Sonderprüfung nach § 258 AktG sein können. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Sonderprüfung stattgefunden hat, die abstrakte Möglichkeit genügt (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 142, Rn. 26; LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.05.2016, 3–16 O 2/15, NZG 2016, S. 830 (831). Der Vorrang der Sonderprüfung nach § 258 AktG gilt auch dann, wenn die Ausschlussfrist nach § 258 Abs. 2 AktG bereits verstrichen ist (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 142, Rn. 26). Die Ausschlussfrist nach § 258 Abs. 2 AktG würde im Übrigen ohne die Subsidiaritätsregel des § 142 Abs. 3 AktG ihren Sinn verlieren (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 66). Denkbar ist allerdings ein (zeitliches) Nebeneinander von allg. Sonderprüfung und Sonderprüfung nach § 258 AktG, soweit die Prüfungsgegenstände auseinanderfallen. Eine Verbindung von Verfahren nach § 142 AktG und § 258 AktG – soweit in zeitlichem Zusammenhang jeweils ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wird – ist nach den allg. Grundsätzen der Verfahrensbindung von Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. dazu Keidel-FamFG (2020), § 20, Rn. 4ff.) zulässig, wenn es sich um gleichartige Verfahren mit den gleichen Beteiligten handelt. Von der Gleichartigkeit des Antragsverfahrens nach § 142 Abs. 2 AktG und des Verfahrens nach § 258 AktG im verfahrenstechnischen Sinn kann ausgegangen werden. Bei gleichen Beteiligten kommt somit eine Verfahrensbindung in Betracht (vgl. mit a. A. unter Hinweis auf das Fehlen einer § 249 Abs. 2 AktG entsprechenden Vorschrift ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 93). In diesem Fall ist auch die Bestellung eines gemeinsamen Prüfers für beide Verfahren denkbar und u. U. verfahrensökonomisch. Dieser muss freilich den (strengeren) Anforderungen des § 258 Abs. 4 AktG genügen.
Rn. 124
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Sonderprüfung nach § 258 AktG unterscheidet sich von der allg. Sonderprüfung in verfahrenstechnischer und inhaltlicher Hinsicht. Die allg. Sonderprüfung sieht zunächst die Möglichkeit der Bestellung eines Sonderprüfers durch die HV vor (vgl. § 142 Abs. 1 AktG). Erst wenn die HV die Bestellung ablehnt, ist ein gerichtliches Verfahren zur Prüferbestellung vorgesehen (vgl. § 142 Abs. 2 AktG). Demgegenüber ist die Bestellung eines Sonderprüfers nach § 258 AktG nur durch eine gerichtliche Entscheidung möglich. Inhaltlich unterscheidet sich die Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung von der allg. Sonderprüfung durch ihre eng begrenzte Einsatzmöglichkeit bei Unterbewertungen und Mängeln des Anhangs. Die allg. Sonderprüfung bezweckt die Untersuchung von Pflichtwidrigkeiten bei der Gründung oder Führung der laufenden Geschäfte der Gesellschaft. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Folgen der beiden Prüfungsinstrumente. Die i. S. d. Antragstellung erfolgreiche Sonderprüfung nach § 258 AktG führt zu einer spezifischen Bilanzkorrektur und einer sich daran anschließenden Entscheidung der HV hinsichtlich der Verwendung des Ertrags aus höherer Bewertung (vgl. § 261 Abs. 3 AktG). Demgegenüber stehen am Ende einer positiven allg. Sonderprüfung Schadensersatzansprüche je nach den inhaltlichen Feststellungen des Sonderprüfers. Schließlich sind auch die Anforderungen an die Qualifikation der Sonderprüfer unterschiedlich. Sonderprüfer nach § 258 AktG kann nur ein WP oder eine WPG sein. Für den Sonderprüfer nach § 142 AktG reicht es aus, dass er in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist (vgl. § 143 Abs. 1 AktG).