Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 81
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Nach § 318 Abs. 3 kann sowohl gegen den EA-Prüfer als auch gegen den KA-Prüfer ein Antrag auf gerichtliche Ersetzung gestellt werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der gewählte AP die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchführen bzw. kein vertrauenswürdiges Urteil abgeben kann. Das Gericht hat einen anderen AP zu bestellen, ›wenn dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere wenn ein Ausschlussgrund nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder §§ 319a und 319b besteht.‹ Im Unterschied zu § 318 Abs. 4 setzt § 318 Abs. 3 voraus, dass von den zuständigen Gremien ein AP gewählt worden ist. Die Vollendung des Bestellungsprozesses durch Abschluss des Prüfungsvertrags zwischen UN und AP ist keine notwendige Voraussetzung für das Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3, da dessen Wortlaut auf den ›gewählten‹ AP abstellt und die Antragsfristen mit Zeitpunkt der Wahl und nicht mit dem Zeitpunkt der Bestellung zu laufen beginnen. Eine abgeschlossene Bestellung steht dem Verfahren nach § 318 Abs. 3 allerdings auch nicht entgegen.
Rn. 82
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Die Voraussetzungen des Ersetzungsverfahrens liegen nicht vor, wenn es an einem gewählten AP fehlt. Dabei sind die folgenden Fälle zu unterscheiden, in denen jeweils von den zuständigen Gremien ein neuer AP gewählt werden muss oder ein Antrag auf gerichtliche Bestellung des AP nach § 318 Abs. 4 gestellt werden kann:
- |
Die für die Wahl des AP zuständigen Gremien des UN unterlassen pflichtwidrig die Wahl des AP. Mangels gewählten AP ist ein Ersetzungsantrag nach § 318 Abs. 3 unbegründet. |
- |
Ein ursprünglich wirksam gewählter AP ist i. S. v. § 318 Abs. 4 Satz 2 nachträglich ›weggefallen‹, z. B. durch Tod oder aufgrund eines Verlusts seiner Qualifikation als WP. |
- |
Der Wahlbeschluss verstößt gegen die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1, indem bspw. ein vBP zum AP einer großen KapG gewählt wird. In diesem Fall ist der Wahlbeschluss nichtig, so dass ein AP nicht gewählt worden ist. |
- |
Zum Zeitpunkt der Wahl liegen Ausschlussgründe nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder §§ 319a und 319b vor. Auch dies führt zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses (vgl. z. B. ADS 1995, § 318, Rn. 41 f.). |
Rn. 83
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Anders liegt die Situation, wenn ein AP wirksam gewählt worden ist und nach dem Zeitpunkt seiner Wahl die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 bis 5 oder der §§ 319a und 319b eintreten. Die Wahl des AP ist und bleibt in diesem Fall wirksam, so dass der AP gewählt und später auch nicht weggefallen ist. Die Voraussetzungen für ein Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 sind folglich gegeben; die Anwendung von § 318 Abs. 4 scheidet aus.
Rn. 84
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Besonders schwierig ist die Frage, in welchem Verhältnis das Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 einerseits und die aufgrund von § 243 AktG grds. mögliche Anfechtung des Wahlbeschlusses andererseits stehen. Der Beschluss über die Wahl des AP kann grds. – wie jeder andere HV-Beschluss auch – mit der Begründung angefochten werden, dass er gegen das Gesetz oder die Satzung verstoße (vgl. § 243 Abs. 1 AktG). Wird der Anfechtungsklage stattgegeben, ist der HV-Beschluss nichtig (vgl. § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG). Für GmbH werden diese Regelungen analog angewendet.
Rn. 85
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Der Beschluss über die Wahl des AP kann unstreitig gem. § 243 AktG (für die GmbH analog) angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, der seine Ursache nicht in der Person des AP hat (vgl. Mattheus 2002, § 318, Rn. 115), da es dann an einem Konkurrenzverhältnis zwischen beiden Verfahren fehlt.
Rn. 86
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Bis zum Inkrafttreten des BilReG war der Fall, dass der im Anfechtungsverfahren gem. § 243 AktG geltend gemachte Anfechtungsgrund zugleich einen Ersetzungsgrund i. S. d. § 318 Abs. 3 darstellte, fraglich und im Schrifttum umstritten. Hier wurde einerseits die Ansicht vertreten, dass diese Situation von § 318 Abs. 3 abschließend geregelt ist und insofern von einer Sperrwirkung des Ersetzungsverfahrens auszugehen ist (dafür z. B. ADS 1995, § 318, Rn. 319; Ebke, W. F./Jurisch, A.-V. 2000, S. 213 ff.; Forster, K.-H. 1993, S. 826). Dagegen hat der BGH am 25.11.2002 (vgl. BGH-Urt. v. 25.11.2002, DB 2003, S. 383 ff.) entschieden, dass eine Anfechtung des Prüferwahlbeschlusses auch auf Gründe gestützt werden kann, die zugleich Ersetzungsgründe i. S. d. § 318 Abs. 3 sind. Die von § 243 Abs. 1 AktG vorausgesetzte Gesetzesverletzung sah der BGH in einem Verstoß gegen § 318 Abs. 3 sowie gegen das in § 323 Abs. 1 Satz 1 normierte Gebot der Unparteilichkeit (zu diesem Urteil vgl. auch Gelhausen, H. F./Kuss, E. 2003, S. 424; Marx, S. 2003, S. 431 ff.; Müller, W. 2003, S. 741 ff.; Schüppen, M. 2003, S. 750 ff.). Seit dem Inkrafttreten des BilReG kann die Anfechtung eines Wahlbeschlusses nicht mehr auf Gründe gestützt werden, die ein Verfahren nach § 318 Abs. 3 eröffnen (vgl. § 243 Abs. 3 Nr. 3 AktG). Das Gesetz normiert nunmehr einen Vorrang...