Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
I. Vorbemerkung
Rn. 1073
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach IFRS ist der Anhang wie auch nach HGB ein eigenständiger Bestandteil des Abschlusses (vgl. IAS 1.10). Zum Verständnis der unterschiedlichen Inhalte ist auf die jeweilige RL-Konzeption und die verschiedenen Zwecke zu verweisen. Der handelsrechtliche JA dient neben der Bereitstellung von Informationen an die JA-Adressaten (Gesellschafter, potenzielle Investoren, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden, AN, staatliche Institutionen, Öffentlichkeit) der Ausschüttungsbemessung und ist Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung (vgl. zu diesen und anderen Zwecken im Einzelnen HdR-E, Kap. 2, Rn. 5ff.). Die handelsrechtlichen Vorschriften sind das Ergebnis eines im politischen Entscheidungsprozess auf EU-Ebene (Bilanz-R) und in Deutschland (BilRUG) gefundenen Kompromisses, der die unterschiedlichen Interessen der Abschlussadressaten vor dem Hintergrund der verschiedenen Zwecke des JA berücksichtigen soll. Im Vordergrund stehen der Gläubigerschutz sowie langfristige Sicherung des UN.
Dagegen dient der Abschluss nach IFRS weder der Ausschüttungsbemessung noch ist er Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung. Gemäß RK besteht die Zielsetzung von Abschlüssen (und zwar auch der EA) darin, „to provide financial information about the reporting entity that is useful to existing and potential investors, lenders and other creditors in making decisions about providing resources to the entity. Those decisions involve decisions about:
(a) |
buying, selling or holding equity and debt instruments, |
(b) |
providing or settling loans and other forms of credit; or |
(c) |
exercising rights to vote on, or otherwise influence, management’s actions that affect the use of the entity’s economic resources” (RK.1.2). |
"Decision usefulness" ist somit der Maßstab für den Umfang der in den Abschluss aufzunehmenden Informationen. Darauf ist auch zurückzuführen, dass der Umfang der Angaben im Anhang nach IFRS ein Vielfaches der Pflichtangaben nach HGB ausmacht. Die Angaben nach IFRS weisen in zahlreichen Fällen einen wesentlich höheren Detaillierungsgrad auf, so dass selbst dort, wo auf die gleichen Sachverhalte Bezug genommen wird, eine vergleichende Gegenüberstellung von Anhangangaben vielfach nur eine teilweise oder scheinbare Übereinstimmung zwischen IFRS und HGB anzeigen würde. Auf eine synoptische Darstellung wird deshalb verzichtet.
II. Struktur des Anhangs
Rn. 1074
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Allg. Anforderungen an Struktur und Aufbau des Anhangs sowie bestimmte grundlegende Angabepflichten, bspw. zum UN oder zu den Quellen von wesentlichen Schätzungsunsicherheiten, regelt IAS 1. Daneben ergeben sich die Angabepflichten sachverhaltsspezifisch aus den einzelnen Standards (IAS/IFRS), etwa für Altersversorgungsverpflichtungen aus IAS 19. Ihrer Art nach werden die Anhangangaben gemäß IAS 1.112 unterschieden in:
(a) |
Informationen über die Grundlagen der Aufstellung des Abschlusses, die wesentlichen RL-Methoden, wobei diese als gesonderter Teil des Anhangs dargestellt werden können (vgl. hierzu im Einzelnen IAS 1.116ff.), |
(b) |
Informationen, die nach IFRS verlangt werden und nicht in der Bilanz, (Gesamt-)Ergebnisrechnung, EK-Veränderungsrechnung und KFR ausgewiesen sind und |
(c) |
zusätzliche Informationen, die weder in der Bilanz noch (Gesamt-)Ergebnisrechnung noch EK-Veränderungsrechnung noch KFR ausgewiesen sind, aber für das Verständnis der jeweiligen Abschlussbestandteile relevant sind. |
Um die Lesbarkeit des Abschlusses zu erhöhen, wird in IAS 1.113, soweit dies praktikabel möglich ist, eine systematische Darstellung der Anhangangaben vorgeschrieben. Hierbei sind die Auswirkungen auf die Verständlichkeit und Vergleichbarkeit des Abschlusses zu berücksichtigen. Zudem muss jeder Posten in der Bilanz, (Gesamt-)Ergebnisrechnung, EK-Veränderungsrechnung und KFR einen Querverweis auf sämtliche dazugehörende Informationen im Anhang aufweisen. In IAS 1.114 werden Beispiele für eine systematische Strukturierung der Anhangangaben gegeben, etwa: "giving prominence to the areas of its activities that the entity considers to be most relevant to an understanding of its financial performance and financial position, such as grouping together information about particular operating activities".
Rn. 1075
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Wie bei den anderen Abschlussbestandteilen sind im Anhang nach IFRS (anders als für die Angaben nach §§ 284 Abs. 2, 285) grds. alle quantitativen Vergleichsinformationen der Vorperiode anzugeben, sofern ein Standard nicht anderes erlaubt oder vorschreibt. Wenn es für das Verständnis des Abschlusses der Berichtsperiode von Bedeutung ist, gilt dies auch für verbale und beschreibende Informationen (vgl. IAS 1.38). Auch für den Anhang gilt das Prinzip der Darstellungsstetigkeit (vgl. IAS 1.45).
Rn. 1076
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Ein IFRS-Abschluss hat eine sog. Übereinstimmungserklärung zu enthalten. Er darf nicht als mit den IFRS übereinstimmend bezeichnet werden, solange er nicht sämtliche Anforderungen der IFRS erfüllt (vgl. IAS 1.16). ...