Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
1. Grundlagen
Rn. 28
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Sowohl bei der AG/SE als auch bei der GmbH ist eine Differenz zwischen dem gezeichneten Kap. und dem eingezahlten Kap. möglich, weil bei der AG/SE (vgl. § 36a Abs. 1 AktG) und der GmbH (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) – sofern es sich um Bareinlagen handelt – lediglich ein Viertel des gezeichneten Kap. sofort zu erbringen ist. Sacheinlagen müssen dagegen nach § 36a Abs. 2 AktG bzw. nach § 7 Abs. 3 GmbHG vor der Anmeldung der Gesellschaft oder der Kap.-Erhöhung zum Handelsregister vollständig erbracht werden, so dass in diesem Fall keine ausstehenden Einlagen gegeben sein können. Bei der GmbH muss darüber hinaus auf das gezeichnete Kap. mindestens so viel eingezahlt werden, dass der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen zusammen mit dem Gesamtbetrag der Geschäftsanteile, für die Sacheinlagen zu leisten sind, 12.500 EUR erreicht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 GmbHG). Im Fall einer GmbH mit einem Stammkap. in Höhe des Mindestbetrags von 25.000 EUR führt das faktisch dazu, dass mindestens die Hälfte des gezeichneten Kap. eingezahlt werden muss.
Rn. 29
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Sind Einlagen noch nicht in voller Höhe eingezahlt, sehen sowohl das AktG als auch das GmbHG besondere Schutzvorschriften vor. Bei der AG/SE müssen bspw. die nicht voll eingezahlten Anteile gemäß § 10 Abs. 2 AktG stets auf den Namen lauten. Nach § 67 Abs. 1 AktG sind die Namensaktien unter Bezeichnung des Namens, Geburtsdatums, einer Postanschrift und E-Mail-Adresse des Inhabers sowie der Stückzahl oder Aktiennummer und bei Nennbetragsaktien des Betrags in das Aktienregister der Gesellschaft einzutragen. Im Fall der Errichtung einer AG/SE durch eine Person "hat der Gründer [...] für den Teil der Geldeinlage, der den eingeforderten Betrag übersteigt, eine Sicherung zu bestellen" (§ 36 Abs. 2 Satz 2 AktG). Wurden die Einlagen eingefordert, müssen Aktionäre, die den eingeforderten Betrag nicht rechtzeitig einzahlen, die eingeforderten Beträge mit 5 % p. a. verzinsen (vgl. § 63 Abs. 2 AktG). Die Satzung kann im Fall der nicht rechtzeitigen Einzahlung auch Vertragsstrafen festsetzen (vgl. § 63 Abs. 3 AktG). Weiterhin ist auf die Ausschlussmöglichkeit säumiger Aktionäre (vgl. § 64 AktG) sowie die Zahlungspflicht der Vormänner (vgl. § 65 AktG) hinzuweisen.
Bei einer GmbH ist die Aufbringung der Stammeinlagen zunächst durch besondere Vorschriften in den §§ 19 und 24 GmbHG gesichert. Weitere Schutzvorschriften bestehen im Fall einer Sachgründung. Hier müssen alle Sacheinlagen sofort in voller Höhe erbracht werden. Darüber hinaus muss der Gesellschafter für den Fall, dass der Wert der Sacheinlage den Nennwert des dafür übernommenen Geschäftsanteils nicht erreicht, in Höhe des Fehlbetrags eine Einlage in Geld leisten (vgl. § 9 Abs. 1 GmbHG).
Rn. 30
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das gezeichnete Kap. ist gemäß § 272 Abs. 1 Satz 1 stets zum Nennbetrag auszuweisen, auch wenn es weder in voller Höhe eingezahlt noch eingefordert ist und somit Einlagen noch ausstehen. Bei diesen ausstehenden Einlagen ist zwischen eingeforderten und noch nicht eingeforderten Einlagen zu unterscheiden.
Ausstehende Einlagen haben wirtschaftlich bzw. bilanzanalytisch betrachtet eine Doppelnatur (vgl. hierzu BilMoG-HB (2009), Kap. XII, S. 293 (303), m. w. N.). Einerseits verkörpern sie – wenn sie eingefordert sind – Forderungen der Gesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern (Forderungscharakter) und stellen einen echten VG dar. Andererseits können sie als Korrekturposten betrachtet werden, indem diese Größe angibt, welcher Betrag noch nicht auf das nominell ausgewiesene gezeichnete Kap. eingezahlt worden ist (Korrekturpostencharakter). Dieser Korrekturpostencharakter wird insbesondere für den Fall deutlich, dass die ausstehenden Einlagen überhaupt niemals eingefordert werden.
Rn. 31
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das gezeichnete Kap. gilt als eingefordert, wenn der Vorstand/Verwaltungsrat oder die Geschäftsführung zur Leistung auffordert. Dabei sind Formerfordernisse zu beachten. Nach § 63 Abs. 1 AktG ist die Aufforderung in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. § 46 Nr. 2 GmbHG regelt, dass die Einforderung von Einlagen auf die Geschäftsanteile der Bestimmung durch die Gesellschafter unterliegt, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes festgelegt ist (vgl. § 45 Abs. 2 GmbHG).
Rn. 32
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Sind Vorratsaktien (vgl. auch HdR-E, HGB § 272, Rn. 72) nicht voll eingezahlt, sind die auf sie entfallenden noch einzuzahlenden Beträge ebenfalls unter den ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kap. auszuweisen. Ausstehende Einlagen auf i. R.e. Kap.-Erhöhung ausgestellte Zeichnungsscheine (vgl. § 185 AktG), auf denen die Interessenten sich rechtsverbindlich verpflichten, die gezeichneten Aktien zu übernehmen und die entsprechenden Einlagen zu leisten, zählen bis zur Eintragung der Kap.-Erhöhung in das Handelsregister nicht zu den ausstehenden Einlagen, auch wenn sie bereits eingefo...