Rn. 49
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Bei diesem für automatisch gesteuerte Lagersysteme entwickelten Inventurverfahren erfolgt die körperliche Bestandsaufnahme bei der Einlagerung (vgl. NWB HGB-Komm. (2022), § 241, Rn. 19). So zeichnen sich bspw. Hochregallager dadurch aus, dass Ein- und Auslagerung durch automatisch gesteuerte Arbeitsgeräte und die Lagerung einzelner Artikel an verschiedenen Stellen erfolgen und die Lager nicht begehbar sind. In solchen Lagern stoßen herkömmliche Inventurverfahren an Grenzen (vgl. EBJS (2020), § 241 HGB, Rn. 14). Die Einlagerungsinventur wurde möglich, da die zunehmende Automatisierung von Lagersystemen dazu geführt hat, dass mit der Ein- und Auslagerung von Vorräten eine Automatisierung der Bestandsbuchführung einhergeht, welche eine automatische Bestandsfortschreibung erlaubt. Zur effizienten Lagernutzung wird die Einlagerung der Artikel regelmäßig dem Prinzip der Freiplatzlagerung folgend vorgenommen. Dies führt dazu, dass gleiche Artikel in derartigen Lagersystemen an verschiedenen und ständig wechselnden Orten vorgehalten werden. Bei der Einlagerung wird eine Palette mit ihrer spezifischen Nr. (Palettenident-Nr.) und ihrem Lagerort durch einen (Prozess-)Rechner archiviert. Dabei enthält die Palette jeweils gleiche Artikel in bestimmten Stückzahlen und wird bei Einlagerung auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Gleichzeitig wird der Buchbestand nach Artikel-Nr. und Lagerorten fortgeschrieben.
Rn. 50
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Das erforderliche Maß an Bestandssicherheit (vgl. auch Horchler, WPg 1977, S. 58ff.) kann dann als gewährleistet betrachtet werden, wenn durch maschineninterne Kontrollen sichergestellt ist,
- dass Ein- und Auslagerungen nicht vorgenommen werden können, ohne dass diese Bestandsveränderungen in der Fortschreibung erfasst werden,
- bei jeder Einlagerung eine Leerplatzkontrolle vorgenommen wird, um Mehrfachbelegungen auszuschließen,
- Teilentnahmen nicht möglich sind bzw. als vollständige Entleerung einer Lagereinheit bei anschließender Wiedereinlagerung des Teilbestands vorgenommen werden,
- Einlagerungen der Art und Menge nachkontrolliert und dokumentiert werden sowie
- das Lager im laufenden Betrieb nicht begehbar und Unbefugten nicht zugänglich ist (vgl. HFA 1/1990, WPg 1990, S. 143 (147)).
Rn. 51
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Im Zuge der Einlagerungsinventur bei vollautomatischen Lagersystemen wird die körperliche Bestandsaufnahme bei der Einlagerung der Gegenstände als ausreichend erachtet, wenn laut HFA 1/1990 (WPg 1990, S. 143 (147)) folgende zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden:
- Aufnahme und Dokumentation bei Einlagerung entsprechen den GoI.
- Es besteht keine Zugriffsmöglichkeit vom Eingang ins Lager (Identifikationspunkt) bis zum Lagerplatz (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 241, Rn. 22).
- Die im GJ nicht bewegten Bestände werden spätestens zum BilSt aufgenommen (vgl. kritisch Bäuerle, BB 1986, S. 846f.).
- Der gesamte am BilSt vorhandene Bestand ist dokumentiert. Die diesen Bestand betreffenden sowie den Artikel und den Lagerplatz kennzeichnenden Einlagerungsbelege werden als Inventurbelege aufbewahrt.
Rn. 52
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
In der UN-Praxis erweist sich die Aufnahme der im Laufe eines Jahrs nicht bewegten Bestände, deren Höhe durchaus von wesentlicher Bedeutung sein kann, als problematisch, da dies i. d. R. eine Auslagerung gefolgt von einer neuerlichen Einlagerung bedingt. Um die aus den Aufnahmearbeiten entstehenden Belastungen gering zu halten, können Stichprobenverfahren – wie im Falle sehr gut kontrollierbarer Bestände der Sequentialtest – eingesetzt werden (vgl. AWV (1980); Gans/Quick, DStR 1995, S. 306 (312)).
Rn. 53
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Liegt ein halbautomatisches (einfaches) Lagersystem vor, welches die vorgenannten Voraussetzungen regelmäßig nicht bzw. nicht vollständig erfüllt, d. h. "bei Lagersystemen, bei denen eine mit der Lagerbewegung automatisch synchronisierte Bestandsfortschreibung nicht gegeben ist, können die [...] Erleichterungen nicht angewendet werden" (HFA 1/1990, WPg 1990, S. 143 (148)). Dennoch weist diese Lagerform gegenüber der nicht automatisierten Lagerhaltung ein höheres Maß an Sicherheit der Lagerhaltung und der Bestandsfortschreibung auf (vgl. HFA 1/1977, WPg 1977, S. 462). Ist die "Identifikation der in einem bestimmten Fach lagernden Teilbestände möglich und bezieht sich die mengenmäßige Bestandsfortschreibung auf die einzelnen Fächer, so wird eine fachweise permanente Aufnahme für ausreichend gehalten. Es ist also nicht erforderlich, daß die in verschiedenen Fächern gelagerten Teilbestände eines Artikels zum gleichen Stichtag aufgenommen werden" (Gans/Quick, DStR 1995, S. 306 (312); vgl. auch Martienss, ZfB 1980, S. 47ff.).
Rn. 54
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Handelt es sich lediglich um ein Lagersystem, welches weder über eine (automatische) Identifikation der Lagerbestände noch eine synchronisierte Bestandsfortschreibung verfügt, können vorgenannte Inventurerleichterungen nicht zur Anwendung kommen. Möglic...